Laser im Pulverbett
Während der 3D-Druck sich für die Fertigung von kunststoffbasierten Produkten anbietet, sind Laserprozesse das additive Verfahren der Wahl für metallische Produkte: etwa das selektive Laserstrahlschmelzen (engl.: Laser Powder Bed Fusion), bei dem Metallpulver schichtweise durch einen Laserstrahl verschmolzen wird. Vom Aachener Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT im Jahr 1996 entwickelt, ist es mittlerweile die dominierende Technologie auf dem Markt: Die additive Fertigung von Metallteilen erfolgt zu mehr als 80 Prozent mithilfe des Verfahrens. Auch Kunststoffe lassen sich damit drucken.
Ausgereizt ist das Verfahren aber noch lange nicht. Dr.-Ing. Tim Lantzsch, Abteilungsleiter am Fraunhofer ILT, sieht insbesondere im Beamshaping, also dem Formen des Laserstrahls, noch Potenzial. Denn der standardmäßig verwendete gaußförmige Laserstrahl überhitzt das Material lokal, was nicht nur die im Prozess bearbeitete Metallpulverschicht aufschmelzen lässt, sondern auch die zwei bis drei darunterliegenden Schichten, die bereits zuvor bearbeitet wurden – energetisch wenig sinnvoll. »Mit einer komplexeren Strahlform können wir die Energie noch mal ganz anders auf das Pulverbett verteilen«, sagt Lantzsch. »Schon einfache Strahlformungen mit rechteckigen oder ringförmigen Verteilungen verdoppeln die Prozessgeschwindigkeit und steigern die Bauteilqualität.« Simulationen helfen den Forschenden abzuschätzen, wie sich unterschiedliche Strahlformen auf Temperaturverteilung und Schmelzbad auswirken. Parallel bauen sie die nötige Hardware auf. Entsprechend flexible Maschinen für die additive Fertigung – beispielsweise eine der größten Pulverbettmaschinen der Welt, die sich im Fraunhofer ILT befindet – werden fortlaufend weiterentwickelt, um den Transfer der gewonnenen Erkenntnisse in die Industrie zu erleichtern.
Die Grenzen des Laserstrahlschmelzens durch angepasste Scanstrategien zu verschieben, ist das Ziel von Forschenden des Fraunhofer IWU. »Bisher werden die Scanbahnen des Lasers von der Maschinen-Software vorgegeben und lassen sich nur geringfügig ändern. Doch sind sie nicht immer geschickt gewählt. So werden komplex geformte Bauteile oft nur mit einer Scanstrategie und einem Laserparameter-Satz gefertigt, was die Maßhaltigkeit des Bauteils beeinträchtigt«, erläutert Dr.-Ing. Juliane Thielsch, Technologiemanagerin am Fraunhofer IWU. Thielsch und ihr Team haben gemeinsam mit der TU Dresden (Professur VPE) eine Softwarelösung entwickelt, die ermöglicht, einzelne Scanbahnen des Lasers gezielt zu verändern und diesen Scanbahnen separate Parametersätze wie Laserleistung oder Lasergeschwindigkeit zuzuordnen. »Die Freiheit, die uns die Software im Bearbeitungsworkflow bietet, ist sehr groß«, lobt Thielsch. »So kann der oder die Nutzende zwischen verschiedenen Scanstrategien wählen und selbst Scanbahnen editieren, löschen oder neue hinzufügen.« Bei Kurzschaft-Implantaten für das Schultergelenk konnten die Forschenden so die Abweichungen der Maßhaltigkeit von 21 auf 3 Prozent senken.
Metall trifft Metall
Mitunter ist es sinnvoll, unterschiedliche Metalle und damit Funktionen zu kombinieren. Etwa bei einem Werkzeug für den Spritzguss: Stahl garantiert eine hohe Festigkeit, eine Kupferlegierung verbessert die Wärmeleitfähigkeit. Derzeit erfolgt die Fertigung solcher Metall-Metall-Produkte häufig über elektrochemische Prozesse, die unter die REACH-Chemikalienverordnung (»Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals«) fallen. Es sind daher Alternativen gefragt. »Um zwei verschiedene Materialien präzise und getrennt voneinander additiv aufbringen zu können, haben wir einen pulverbettbasierten Prozess mit zwei Materialkammern entwickelt«, sagt Dr.-Ing.Georg Schlick, der die Abteilung »Additive Fertigung« am Fraunhofer-Institut für Gießerei-, Composite- und Verarbeitungstechnik IGCV leitet. »Wir bringen das erste Materialpulver auf, schmelzen es mit dem Laser, saugen das nicht verwendete Pulver ab und starten dann den gleichen Prozess mit dem zweiten Material.«
Das Spin-off Fidentis wird dieses Verfahren künftig nutzen, um Teleskopkronen für den Zahnersatz zu produzieren. Bislang ist die Fertigung solcher Kronen von Handarbeit geprägt, dadurch teuer und somit eher Privatversicherten vorbehalten. Die neuartige Fertigung könnte dies ändern: Bereits zu Ostern sollen die ersten Patientinnen und Patienten versorgt werden. Auch für andere Anwendungen sieht Schlick viel Potenzial – insbesondere dort, wo thermische und mechanische Lasten zusammentreffen. »Über das Verfahren können wir die Funktion eines Bauteils, etwa eines Werkzeugs, verbessern und somit die Kosten des Endprodukts senken«, sagt Schlick. »Es steht zu hoffen, dass wir die Fertigung auf diese Weise von Fernost zurück nach Europa holen.«