Autofahrer haben im vergangenen Jahr über Rekordpreise bei Benzin und Diesel gestöhnt. Zukunftsweisend kann da das EU-Projekt To-Syn-Fuel werden, in dem Forschende des Fraunhofer-Instituts für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT ein neues Verfahren zur Kraftstoffgewinnung entwickelt und bereits im Demonstrationsmaßstab umgesetzt haben. »Wir stellen Kraftstoffe aus Klärschlamm her – wir produzieren also nachhaltigen Kraftstoff, der ganz ohne Tank-Teller-Konflikt und die Verwendung von Nahrungs- oder Futtermittelpflanzen auskommt. Der CO2-Fußabdruck je gefahrenem Kilometer reduziert sich mit diesem Kraftstoff um mehr als 85 Prozent verglichen mit fossilem Kraftstoff«, konkretisiert Dr. Robert Daschner, Abteilungsleiter am Fraunhofer UMSICHT.
Die Entwicklung basiert auf dem bekannten Verfahren der Pyrolyse, bei dem Biomasse bei bis zu 600 Grad Celsius und Sauerstoffausschluss zu Öl umgesetzt wird. Die Besonderheit des vom Fraunhofer UMSICHT entwickelten TCR®-Verfahrens: »Wir konnten die Qualität des entstehenden Öls deutlich steigern, es ist vergleichbar mit Rohöl. Über herkömmliche Raffinerieprozesse lässt es sich in Kraftstoffe umwandeln, die die wichtigsten Normanforderungen für Benzin und Diesel erfüllen – diese können also ohne Motorumbauten bei gleicher Leistung eingesetzt werden.« Diesen Qualitätssprung haben die Forschenden über einen zweiten Verfahrensschritt geschafft: Sie schalten der klassischen Pyrolyse einen Reformingschritt nach. Dabei nutzen sie das im ersten Schritt entstehende Karbonisat als Katalysator, um die Synthesedämpfe weiter aufzureinigen und aus diesen qualitativ hochwertigeres Öl zu erhalten.
Auf einer Demonstratoranlage läuft der Prozess bereits: In dieser wurden aus 500 Tonnen Klärschlamm bis dato mehr als 50 000 Liter biogenes Rohöl gewonnen. Anders gesagt: Pro Tag lassen sich zehn Tonnen Biomasse zu einer Tonne Rohöl umsetzen. Ein Teil des Rohöls wurde, ebenfalls in der Demonstratoranlage, zu Kraftstoff raffiniert: Mit diesem absolvierte ein Testfahrzeug eine Rundreise von 2000 Kilometern durch Europa. Die Bayernoil Raffineriegesellschaft plant bereits die großvolumige Verwertung von Klärschlamm – 2023 soll eine größere Anlage in Betrieb gehen, 2024 bis 2025 der kommerzielle Betrieb starten. Die Mobilitätswende: Sie ist in vollem Gange.