Über lange Strecken, bei Tag und Nacht
Über kürzere Distanzen am Boden ist der Austausch der Quantenschlüssel schon problemlos möglich. Längere Reichweiten über Kontinente hinweg, wie es für die globale Quantenkommunikation nötig wäre, bleiben noch eine Herausforderung. Zu viele der fragilen Lichtteilchen gehen verloren. Am Fraunhofer IOF arbeitet Dr. Fabian Steinlechner mit seinem Team gleich in mehreren Projekten an Lösungen. So entwickeln sie zum Beispiel weltraumtaugliche, miniaturisierte Photonenquellen in der Größe eines Milchkartons, die als Sender auf den Satelliten fungieren sowie die verschränkten Lichtstrahlen erzeugen und zur Erde senden. Empfangen werden diese in der Bodenstation mit optischen Spiegelteleskopen, in ihrer Größe vergleichbar mit TV-Parabolspiegeln. Von dort gehen sie weiter ins Glasfasernetz, über das sie an die Empfänger verteilt werden. Die Quantenkommunikation via Freistrahl will der Optikexperte gemeinsam mit acht europäischen und kanadischen Forschungspartnern zu skalierbaren globalen Quantennetzwerken weiterentwickeln. »Im Projekt Hyperspace erarbeiten wir erste Konzepte dafür, wie wir verschränkte Photonen über längere Distanzen von 6000 Kilometern und mehr übertragen können. Dazu gehört zum Beispiel eine rauschresistente Zustandscodierung der Lichtquanten oder die sogenannte Hyperverschränkung. Dabei sind die Teilchen nicht nur über eine, sondern über mehrere Eigenschaften miteinander verschränkt. Das könnte die Informationsübertragung sowohl schneller als auch effizienter machen.«
Drei Hürden gibt es allerdings bei der optischen Kommunikation per Satellit: Sonnenlicht, Wolken und atmosphärische Turbulenzen. Sie verringern die Qualität der Lichtsignale spürbar oder verschlechtern die Sichtbarkeit. Um auch bei Tageslicht brauchbare Signale zu erhalten, setzen die Quantenexperten verschiedene Filter ein: »Da man weiß, aus welcher Richtung und zu welchem Zeitpunkt die Datensignale losgeschickt wurden, kann man diese mithilfe räumlicher und zeitlicher Filter vom Sonnenlicht unterscheiden und herausfiltern«, erklärt Fabian Steinlechner. »Zudem lässt sich mit spektralen Filtern das Spektrum auf die entsprechenden Wellenlängen einengen.«
Die Korrektur von Lichtstrahlen, die durch Turbulenzen abgelenkt werden, ist durch sogenannte adaptive Optiken (AO) möglich. Vorstellen kann man sich diese als flexible, deformierbare kleine Spiegel in den Empfangsteleskopen, die von mehreren Stellelementen in Form gebracht werden, um den Lichtstrahl wieder exakt so auszurichten, dass er vom Teleskop empfangen werden kann. Mithilfe dieser AO-Spiegel lässt sich das Licht auch weiter fokussieren und in ein Glasfaserkabel mit etwa zwei Millimetern Durchmesser leiten. Die bisher noch größte zu lösende Herausforderung sind Wolken, denn sie verhindern das Durchkommen der optischen Signale oft ganz. Hier helfen laut Steinlechner Redundanzen mit anderen Technologien wie Funk oder die Umleitung zu weiteren Satelliten über wolkenfreien Gebieten. Zudem lassen sich die Quantenschlüssel auch im Voraus erstellen, sodass eine sichere Kommunikation nicht zwangsläufig von der Bewölkung abhängt.
All das macht Quantenkommunikation technologisch heute noch zu aufwendig, um universelle Breitbandverbindungen zu sichern. »So wie Quantencomputer keine Smartphones ersetzen werden, wird Quantenkommunikation nicht herkömmliche Kommunikationstechnologien ersetzen«, sagt der Forscher. Zwar sieht er die technologische Reife bis 2027, wenn IRIS2 an den Start gehen soll, durchaus weit genug gediehen, aber eben nur für bestimmte Einsatzgebiete. So ist beispielsweise denkbar, dass mithilfe der europäischen Satelliten ein temporäres hochsicheres Internet für besonders sicherheitskritische Anwendungen oder Anlässe wie den G7-Gipfel aufgebaut wird. Wie das möglich ist, demonstrierte das Forscherteam kürzlich in einem Schlüsselexperiment im Rahmen der vom BMBF geförderten Initiative QuNet. Darin erstellten sie ein Adhoc-Quantennetzwerk zwischen drei Standorten in Jena, über das diese abhörsicher miteinander kommunizieren konnten.