Drohnenabwehr – Die Gefahr auf dem Radar
Sie sind praktisch und vielseitig einsetzbar: Sie helfen Rettungskräften bei der Lageerkundung, Landwirten bei der Inspektion ihrer Felder, sind bei Extremsportlern beliebt für Selfies aus der Luft und verleihen dem Begriff »Luftpost« ganz neue Bedeutung, wenn sie uns demnächst Briefe und Pakete bringen. Sie lassen sich aber auch für kriminelle und terroristische Zwecke einsetzen, etwa zum Ausspionieren von Personen und Objekten, zum Schmuggeln von Drogen und Waffen in Gefängnisse, für Terroranschläge auf Menschen, Fahrzeuge oder Gebäude. Die Rede ist von unbemannten Flugsystemen, UAVs (Unmanned Aerial Vehicles bzw. UAS für Unmanned Aerial System), umgangssprachlich auch Drohnen genannt.
Drohnen werden immer leistungsfähiger. Die mögliche Flughöhe, Reichweite, Ausdauer, Fluggeschwindigkeit und Navigationspräzision steigerte sich in den vergangenen Jahren zusehends. Und sie können immer mehr Masse transportieren. Zudem sind Drohnen billig, leicht zu beschaffen oder als Bausatz erhältlich. Kein Wunder, dass sie im gewerblichen wie auch im privaten Bereich immer beliebter werden. Die Deutsche Flugsicherung geht davon aus, dass bis zum Jahr 2020 die Zahl der Drohnen in Deutschland auf über eine Million steigt.
Gleichzeitig steigt auch die Zahl der Zwischenfälle: Drohnen dringen in Flugverbotszonen ein, etwa am Flughafen oder bei Großereignissen wie Rock-Festivals oder Fußballspielen. Bislang geht es dabei hauptsächlich um Fahrlässigkeit oder Indiskretion, wenn Drohnen von Hobbypiloten Flugzeugen gefährlich nahe kommen oder wenn widerrechtlich Videos und Fotos von Personen oder Gebäuden aufgenommen werden. Aber auch für gezielte terroristische Zwecke lassen sich Drohnen einsetzen. Die Sicherheitsbehörden in Deutschland sind alarmiert, denn eine wirksame Abwehr gibt es bislang nicht.
Welche Gefahr von Drohnen ausgehen kann, zeigte sich 2014, als in Belgrad während des Fußball-EM-Qualifikationsspiels zwischen Albanien und Serbien plötzlich eine Drohne mit einer großalbanischen Flagge über das Spielfeld schwebte: Es kam zu Tumulten, und das Spiel musste abgebrochen werden. Doch anstelle einer harmlosen Flagge könnten Terroristen so auch Bomben in das Stadion fliegen lassen und über der Menschenmenge abwerfen. Die Abwehr von Drohnen erfolgt in drei Stufen: Als Erstes gilt es, die Drohne zu entdecken. Angesichts der hohen Geschwindigkeit der Flugobjekte und des begrenzten Erkennungsradius' der Sensortechnik ist allein das schon eine Herausforderung. Im zweiten Schritt gilt es zu erkennen, um welchen Typ Drohne es sich handelt und ob sie überhaupt eine Gefahr darstellt. Vielleicht ist das Ding, das so bedrohlich surrend über dem Starterfeld des City-Marathons schwebt, ja nur die Kameradrohne des lokalen TV-Senders.
Selbst wenn das Flugobjekt als gefährliche Drohne erkannt wurde, muss als dritte Stufe jede Gegenmaßnahme sorgfältig geplant sein. Um welches Modell handelt es sich? Wie schnell ist die Drohne? Welche Nutzlast trägt sie? Auf welcher Funkfrequenz wird sie gesteuert? All diese Analysen und Informationen müssen nahezu in Echtzeit zur Verfügung stehen, denn im Ernstfall bleiben oftmals nur wenige Sekunden, um die richtige Entscheidung zu treffen und eine geeignete Gegenmaßnahme zur Abwehr einzuleiten.
Man unterscheidet nach passiven und aktiven Maßnahmen, bei letzteren nach weichen oder harten Methoden. Passive Maßnahmen beschränken sich zum Beispiel darauf, einen Alarm auszulösen. Aktive Maßnahmen sind eine Herausforderung für Mensch und Technik, denn jeder Eingriff ist heikel und muss rechtlich genau abgewogen werden. Zu den weichen Maßnahmen gehört das sogenannte »Jammen«, bei dem Störsignale die Funkverbindung zur Drohne abreißen lassen, um sie so zur Landung zu zwingen. Das funktioniert nur, wenn sie für solch einen Fall zur Landung programmiert ist. Die Gefahr besteht, dass sie unkontrolliert weiterfliegt und abstürzt. Beim »Spoofing« hingegen wird der Drohne ein falsches GPS-Signal vorgegaukelt, um sie so von ihrem Kurs abzubringen.
Als harte Abwehr wird das physische Abfangen oder Abschießen der Drohne bezeichnet. Ein derartiger Eingriff wird nur als Ultima Ratio eingesetzt, da unbeteiligte Personen gefährdet werden könnten. Die Methodenauswahl ist groß: Abschießen mittels Laser, Wasserwerfer oder mit der Schusswaffe, Kamikazedrohnen, Einsatz eines Fangnetzes oder die Flugunfähig mittels Kleber, starkem Schall oder einer Leine stören.
Es gibt eine Vielfalt an denkbaren Bedrohungsszenarien. Die Fraunhofer-Forscherinnen und -Forscher und ihre Partner setzen deshalb auf verschiedene Ansätze und Technologien: bei der Detektion und Identifikation auf Sensortechnologien wie Funk, Akustik, Radar bzw. Infrarot und Elektrooptik. Im Idealfall ergänzen sich die Sensoren, denn noch gibt es keinen Sensor für alles. Jeder Sensor hat seine Stärken und Schwächen: Visuell-optische Sensoren funktionieren nachts oder bei Regen und Nebel nicht, da wäre Infrarot oder Radar besser. Wenn es um Detektionsreichweiten geht, übertrifft Radar die visuell-optischen Sensoren und die Infrarot-Sensoren.