Das Interesse und der Bedarf an Brennstoffzellen steigen kontinuierlich. Besonders im Mobilitätssektor bieten sie eine vielversprechende, umweltfreundlichere Alternative zu fossilen Energieträgern. Doch um den Weg in die Massenproduktion zu finden, muss die Herstellung von Brennstoffzellen noch einfacher und günstiger werden. Große Potenziale zur Kosteneinsparung finden sich vor allem in der Produktion der Bipolarplatten. Als zentrales Element der Brennstoffzelle regeln sie die Zufuhr von Wasserstoff und Luft sowie die Abgabe von Wasserdampf und Energie. Von entscheidender Bedeutung ist hierbei das Design des Flussfeldes, das die Kanalstrukturen der Bipolarplatte bildet. Durch diese Kanäle strömen die beteiligten Gase. Je größer die Oberfläche ist und je ebener die Platten sind, desto besser interagieren die Bipolarplatten mit den übrigen Komponenten der Brennstoffzelle und desto höher ist der Wirkungsgrad.
Ihre Gestalt erhalten die Bipolarplatten und ihr Flussfeld während des Umformungsprozesses. Mit diesem Produktionsschritt kennt man sich sowohl am Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU in Chemnitz als auch am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT in Aachen sehr gut aus und hat daher beschlossen, die vorhandenen Kompetenzen in einem gemeinsamen virtuellen Technologiebaukasten zu bündeln.
Entscheidungshilfe bei Technologie und Material
»Meist beabsichtigen die Unternehmen, die sich an uns wenden, in die Produktion von Brennstoffzellen zu investieren. Sie haben grundsätzliche Vorstellungen, was das Umformverfahren anbetrifft, sind sich jedoch unsicher, welche wirtschaftlichen Konsequenzen deren Einsatz bedeutet. So sind zum Beispiel Ausbringungsmengen und Herstellungskosten besonders schwer bewertbar«, erklärt Dr. Ulrike Beyer, Leiterin der TaskForce Wasserstoff@IWU. »Durch unseren Technologiebaukasten können wir dank evidenzbasierter Analysen die Ausgangslage ergebnisoffen betrachten, die verschiedenen Abhängigkeiten systematisiert berücksichtigen und so für jeden Bedarf eine passgenaue technologische Lösung entwickeln.«
Als Parameter für die Entscheidung ziehen die Forschenden neben Anlagen- und Werkzeugkosten und der Produktionsmenge auch die erzielbaren Umformergebnisse wie Größe, Ebenheit und abbildbares Flussfelddesign heran. Hydroforming, Hohlprägen, Walzprägen, Formpressen – je nach individuellem Schwerpunkt ändert sich, welches der möglichen Umformverfahren das vielversprechendste ist, so Beyer: »Während beispielsweise das Hohlprägen und das Hydroforming für eine hohe Qualität der Bipolarplatte sorgen, gestattet bisher einzig das Walzprägen eine signifikante Erhöhung der Ausbringungsmenge. Letzteres hat dafür aber wieder an anderen Stellen noch seine Schwächen.«
Auch das verwendete Ausgangsmaterial bestimmt die Wahl des Umformungsverfahrens, weiß Dr. Christoph Baum, Geschäftsführer des Fraunhofer IPT: »Ursprünglich hat man vor allem mit Kompositmaterialien gearbeitet. Diese versprechen eine lange Leistungsdauer der Brennstoffzelle, eignen sich aber nur bedingt für die Massenproduktion, da sie in ihrer Herstellung aufwendiger und teurer sind. Außerdem bleibt bei Kompositmaterialien die Werkstoffdicke auch nach der Verarbeitung recht hoch. Ein Brennstoffzellenstack wird so schnell sehr groß, was etwa bei einem Einsatz in Fahrzeugen unpraktisch ist. Daher setzen wir nun verstärkt auf Metalle wie Stahl und erzielen damit in der Regel bessere und kostengünstigere Ergebnisse.« Zusätzlich ist je nach Technologieauswahl auch die Reihenfolge der Produktionsschritte variabel, sodass beispielsweise die Beschichtung der Bipolarplatten je nach geplanter Anwendung schon vor oder besser erst nach der Umformung erfolgen sollte. Auch hier gibt der Technologiebaukasten Orientierung.
Ziel: Technologiebaukasten für gesamte Brennstoffzellenproduktion
Gegenwärtig baut das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA einen Webauftritt für den Technologiebaukasten auf, der in Kürze verfügbar sein wird. Zielgenaue Beratungen zur idealen Umformung sind aber schon jetzt möglich.
Mittelfristig ist eine Erweiterung des Technologiebaukastens um zusätzliche Produktionsschritte und Brennstoffzellenkomponenten in Kooperation mit weiteren Fraunhofer-Instituten geplant. »Unser Ziel ist eine große, übergeordnete digitale Plattform, in der einzelne Produktionsschritte sichtbar sind und miteinander verknüpft werden können, um in einem konkreten Fall schnell die optimale Kombination zur Herstellung einer kompletten Brennstoffzelle zu finden«, so Beyer. Realisierbar wäre dies mit dem »Nationalen Aktionsplan Brennstoffzellenproduktion« der Fraunhofer-Gesellschaft, an dessen Ausgestaltung zurzeit gearbeitet wird.