Die Fraunhofer-Gesellschaft Die Fraunhofer-Gesellschaft mit Sitz in Deutschland ist die weltweit führende Organi- sation für anwendungsorientierte Forschung. Mit ihrer Fokussierung auf zukunftsrelevante Schlüsseltechnologien sowie auf die Ver- wertung der Ergebnisse in Wirtschaft und Industrie spielt sie eine zentrale Rolle im Innovationsprozess. Sie ist Wegweiser und Impulsgeber für innovative Entwicklungen und wissenschaftliche Exzellenz. Mit inspirierenden Ideen und nachhaltigen wissenschaftlich-tech- nologischen Lösungen fördert die Fraunhofer- Gesellschaft Wissenschaft und Wirtschaft und wirkt mit an der Gestaltung unserer Gesell- schaft und unserer Zukunft. Interdisziplinäre Forschungsteams der Fraunhofer-Gesellschaft setzen gemeinsam mit Vertragspartnern aus Wirtschaft und öffentlicher Hand originäre Ideen in Innovatio- nen um, koordinieren und realisieren system- relevante, forschungspolitische Schlüssel- projekte und stärken mit werteorientierter Wertschöpfung die deutsche und europäische Wirtschaft. Internationale Kooperationen mit exzellenten Forschungspartnern und Unter- nehmen weltweit sorgen für einen direkten Austausch mit den einflussreichsten Wissen- schafts- und Wirtschaftsräumen. Die 1949 gegründete Organisation betreibt in Deutschland derzeit 76 Institute und Forschungseinrichtungen. Mehr als 30 000 Mitarbeitende, überwiegend mit natur- oder ingenieurwissenschaftlicher Ausbildung, erarbeiten das jährliche Forschungsvolu- men von 2,9 Milliarden Euro. Davon fallen 2,5 Milliarden Euro auf den Bereich Ver- tragsforschung. Rund zwei Drittel davon erwirtschaftet Fraunhofer mit Aufträgen aus der Industrie und mit öffentlich finanzierten Forschungsprojekten. Rund ein Drittel steuern Bund und Länder als Grundfinanzierung bei, damit die Institute schon heute Problemlösun- gen entwickeln können, die in einigen Jahren für Wirtschaft und Gesellschaft entscheidend wichtig werden. Die Wirkung der angewandten Forschung geht weit über den direkten Nutzen für die Auftraggeber hinaus: Fraunhofer-Institute stär- ken die Leistungsfähigkeit der Unternehmen, verbessern die Akzeptanz moderner Technik in der Gesellschaft und sorgen für die Aus- und Weiterbildung des dringend benötigten wissenschaftlich-technischen Nachwuchses. Hoch motivierte Mitarbeitende, die Spitzen- forschung betreiben, stellen für uns als Wissenschaftsorganisation den wichtigsten Erfolgsfaktor dar. Fraunhofer bietet daher die Möglichkeit zum selbstständigen, gestalten- den und zugleich zielorientierten Arbeiten und somit zur fachlichen und persönlichen Ent- wicklung, die zu anspruchsvollen Positionen in den Instituten, an Hochschulen, in Wirtschaft und Gesellschaft befähigt. Studierenden eröff- nen sich aufgrund der praxisnahen Ausbildung und des frühzeitigen Kontakts mit Auftrag- gebern hervorragende Einstiegs- und Entwick- lungschancen in Unternehmen. Namensgeber der als gemeinnützig anerkann- ten Fraunhofer-Gesellschaft ist der Münchner Gelehrte Joseph von Fraunhofer (1787–1826). Er war als Forscher, Erfinder und Unternehmer gleichermaßen erfolgreich. Stand der Zahlen: Januar 2022 www.fraunhofer.de

Vorwort Sehr geehrte Damen und Herren, das Pandemie-Jahr 2021 hat es unüberseh- bar deutlich gemacht: Krisen lassen sich nur meistern, wenn Politik und Wissen- schaft Hand in Hand arbeiten. Trotz der zahlreichen Herausforderungen in einem weiterhin schwierigen Marktumfeld gelang der Fraunhofer-Gesellschaft im Jahr 2021 ein leichtes Wachstum. Unser Dank gilt dabei auch den zusätzlichen Fördermitteln des Bundes. Mit der Steigerung des Finanzvolu- mens um drei Prozent auf 1,9 Milliarden Euro hat die Fraunhofer-Gesellschaft Resilienz bewiesen. Die Wirtschaftserträge konnten wieder an das Vorkrisenniveau anschließen. Die Basis für diese Stabilität bilden die erst- mals mehr als 30 000 Mitar beiterinnen und Mitarbeiter, die Tag für Tag auch unter immer neuen Herausforderungen hoch motiviert und mit beeindruckender Entschlossenheit wissen- schaftlich, organisatorisch und administrativ mit vollem Einsatz dafür gearbeitet haben. Es sind in der Vielfalt der von derzeit 76 Fraunhofer-Instituten betreuten Projekte drei Bereiche, die ich herausgreifen will. Im zweiten Jahr mit dem Coronavirus hat die Fraunhofer-Gesellschaft mehr als 160 inter- disziplinäre Vorhaben zur Pandemie-Bekämp- fung umgesetzt – von Datenmodellen zur Vorhersage der Infektionsausbreitung über Dekontaminationsmaßnahmen, um Schutz im Alltag zu schaffen, bis zum Finden neuer Wirk- stoffe und Diagnoseverfahren. Im Dezember konnten zwei Drittel der Maßnahmen im Anti- Corona-Programm abgeschlossen werden. 13 Patent- und 2 Markenanmeldungen liegen als Erfolge vor. Wenn in der Corona-Krise die Feststellung »Die Wissenschaft hat geliefert!« zum geflügelten Wort werden konnte, hat das auch mit dem Engagement der Forsche- rinnen und Forscher bei Fraunhofer zu tun. Der 4D-Ansatz – »Diagnostics«, »Drugs«, »Devices«, »Data« – zeigt, wie innovative Gesundheitslösungen transdisziplinär und im Schulterschluss entwickelt werden können.

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Bericht des Vorstands I Der Vorstand Der Vorstand Reimund Neugebauer ist Professor für Werkzeug maschinen an der TU Chemnitz. Nach leitender Tätigkeit in der Maschinen- bauindustrie gründete er 1991 das heutige Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU, das er 21 Jahre leitete und zu einem internationalen Zentrum der Produktions technik ausbaute. Seit 2012 ist er Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft. Prof. Dr.-Ing. habil. Prof. E. h. Dr.-Ing. E. h. mult. Dr. h. c. mult. Reimund Neugebauer Präsident r e b u h s a D . T / r e f o h n u a r F : s o t o F 8

Bericht des Vorstands I Lagebericht 2021 Lagebericht 2021 Strategie und Rahmenbedingungen Profil der Fraunhofer-Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Chancen aus Strategischen Initiativen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Wissenschaftspolitische Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Wirtschaftliche Entwicklung Finanzvolumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Vertragsforschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 Zusätzliche Forschungsförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 Ausbauinvestitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Vermögens- und Finanzlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Beteiligungen und Ausgründungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Internationales . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Schutzrechtsverwertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Aspekte der Corporate Responsibility Verantwortung der Fraunhofer-Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Forschung für Nachhaltigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Forschen in gesellschaftlicher Verantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 Diversity . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Vorhaben: Klimaneutraler Wissenschaftsbetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Risiken und Ausblick Risikomanagement und Risiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 10

Bericht des Vorstands I Lagebericht 2021 Strategie und Rahmenbedingungen Profil der Fraunhofer-Gesellschaft Die Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e. V. wurde 1949 gegründet und betreibt als gemeinnütziger Verein anwendungsorientierte Forschung und Entwicklung zum Nutzen der Wirtschaft und zum Vorteil der Gesellschaft. Die Forschungsfelder richten sich nach den Bedürfnissen der Menschen: Gesundheit, Sicherheit, Kommu- nikation, Mobilität, Energie und Umwelt. In deutschlandweit 76 Fraunhofer-Instituten und -Einrich- tungen erarbeiten über 30 000 Mitarbeiterinnen und Mit- arbeiter ein jährliches Finanzvolumen von 2,9 Mrd €. Davon entsteht mit 2,5 Mrd € ein Großteil im Kernbereich Vertrags- forschung. Rund zwei Drittel davon erwirtschaftet Fraunhofer mit Aufträgen aus der Industrie und mit öffentlich finanzier- ten Forschungsprojekten. Rund ein Drittel steuern Bund und Länder als Grundfinanzierung bei, damit die Institute schon heute Problemlösungen entwickeln können, die in einigen Jahren für Wirtschaft und Gesellschaft entscheidend wichtig werden. Auf Ebene der Gesamtorganisation identifiziert Fraunhofer innovative Geschäftsfelder und Technologietrends mit großem Marktpotenzial sowie hoher gesellschaftlicher Relevanz und entwickelt sie über interne Forschungsprogramme weiter. Die einzelnen Fraunhofer-Institute entwickeln ihre Geschäftsfelder und Kernkompetenzen auf Basis ihres unmit- telbaren Marktkontakts und ihrer Vernetzung mit der wissen- schaftlichen Fachwelt. Sie werden betriebswirtschaftlich als Profitcenter geführt, sind rechtlich aber nicht selbstständig. Zur Schärfung des Fraunhofer-Kompetenzprofils und Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit wurde die Verbundstruktur zum 1. Januar 2021 angepasst. In der Vertragsforschung organisie- ren sich seitdem fachlich verwandte Fraunhofer-Institute zur Abstimmung institutsübergreifender FuE-Strategien in neun Fraunhofer-Verbünden: 12 Energietechnologien und Klimaschutz Gesundheit Innovationsforschung IUK-Technologie Light & Surfaces Mikroelektronik Produktion Ressourcentechnologien und Bioökonomie Werkstoffe, Bauteile – Materials Darüber hinaus kooperieren Institute oder Abteilungen von Instituten mit unterschiedlichen Kompetenzen in Fraunhofer- Allianzen, um ein bestimmtes Geschäftsfeld gemeinsam zu bearbeiten und zu vermarkten. Chancen aus Strategischen Initiativen Folgende Instrumente, Programme und Prozesse stärkten 2021 – im zweiten Jahr der Pandemie – die Wettbewerbs- fähigkeit von Fraunhofer: Auflage coronabedingter Programme zur Kompetenzsicherung Weiterentwicklung der Fraunhofer Strategischen Forschungsfelder Aufbau von Leitmärkten Verstetigung der Fraunhofer Cluster of Excellence Unterstützung von Verbund-Roadmaps Aufgrund des weiterhin schwierigen konjunkturellen Umfelds wurden auch 2021 vorhandene Kompetenzen der Fraunhofer- Institute genutzt, um im Sinne der BMBF-Richtlinie »Unterstüt- zung anwendungsorientierter Forschung für außeruniversitäre Forschungseinrichtungen« sogenannte Ersatzarbeiten umzu- setzen. Hierfür hat der Fraunhofer-Vorstand bereits frühzeitig strategisch bedeutsame Themen und Projekte definiert, die insbesondere mit Mitteln der Richtlinie umgesetzt werden. Im Vordergrund stand die interne Vorlaufforschung, um kurz- bzw. mittelfristig gezielt neue Wirtschaftsprojekte akquirieren zu können. Der Vorstand hat dabei vier Schwerpunkte definiert:

Bericht des Vorstands I Lagebericht 2021 und bündelte diese in fünf Dachthemen: Missionsorientierte Innovationspolitik, Beteiligung als strategisches Instrument der Innovationspolitik, Resilienz und technologische Souve- ränität, Agile Forschungs- und Innovationsförderung sowie Initiative für Transferfreiheit – Förderung von wissensintensiven Gründungen. Der Ergebnisbericht wurde am 21. April 2021 im Rahmen einer großen Ergebniskonferenz veröffentlicht. Diese fand als interaktive Live-Show mit mehr als 2000 Teil- nehmenden im Live-Stream, 1000 Beteiligungen im Live-Chat und 90 Beteiligten auf zwei virtuellen Bühnen statt. Der Co- Vorsitzende und Fraunhofer-Präsident Prof. Dr.-Ing. Reimund Neugebauer übergab stellvertretend für das 21-köpfige Bera- tungsgremium die abschließenden Empfehlungen, gedruckt auf synthetischer DNA, für eine künftige Innovationsstrategie an die Bundesregierung. Das Gremium dringt explizit auf die Förderung und Forderung von mehr Beteiligung sowie mehr Mut und Umsetzungsstärke im Dienst der Nachhaltigkeitsziele. Wichtig seien die Stärkung des missionsorientierten Ansatzes sowie Initiativen, um mehr Ergebnisse der Spitzenforschung im großen Maßstab in die Anwendung zu bringen. Start-ups aus der Wissenschaft müss- ten erleichtert werden. Ebenfalls nötig seien mehr Experimen- tierräume sowie effektive Beteiligungsformate. Forschungspolitisch stand das Jahr 2021 im Zeichen der Bundestagswahl und der anschließenden Regierungsbildung. Änderungen der Rahmenbedingungen wurden im Wahlkampf intensiv diskutiert. Der Ende November vorgelegte Koalitions- vertrag zwischen SPD, Grünen und FDP sieht anstelle der bis- herigen Hightech-Strategie eine »Zukunftsstrategie Forschung« mit sechs Zukunftsfeldern vor. Diese sind (1) Moderne Techno- logien für eine wettbewerbsfähige und klimaneutrale Industrie; (2) Klimafolgen und entsprechende Anpassungsstrategien; (3) vorsorgendes und krisenfestes Gesundheitssystem; (4) Tech- nologische Souveränität und Potenziale der Digitalisierung; (5) Erforschung von Weltraum und Meeren; (6) gesellschaft- liche Resilienz, Zusammenhalt, Demokratie und Frieden. Alle sechs Zukunftsfelder werden im Forschungsportfolio der Fraunhofer-Gesellschaft abgedeckt. Die wesentlichste strukturelle Veränderung für die Fraunhofer-Gesellschaft ist die parteipolitische und personelle Umbe setzung im Bundesministerium für Bildung und For- schung. Mit Abschluss der Regierungsbildung im Dezember übernahm Bettina Stark-Watzinger (FDP) die Ressortleitung von Anja Karliczek (CDU) und hat zum Jahresende bereits mehrere Neubesetzungen in der Führung des Ministeriums vollzogen. Wissenschaftspolitische Rahmenbedingungen Die Fraunhofer-Gesellschaft war über ihren Präsidenten, Prof. Dr.-Ing. Reimund Neugebauer, in der 19. Legislatur- periode in den exponierten wissenschaftlichen Beratungs- gremien Innovationsdialog und Hightech-Forum vertreten. Der Innovationsdialog dient der Bundesregierung seit mehr als zehn Jahren als unabhängiges, vertrauliches Beratungs- gremium. 2021 war der Fraunhofer-Präsident an den Dossiers »Resilienz von Lieferketten und Wertschöpfungsnetzwerken« und »Von der Förderung technologischer Frühbeete zu selbst- tragenden Ökosystemen« beteiligt. Zur Abschlusssitzung der 19. Legislaturperiode beriet die Runde über die Schaf- fung, Stärkung und Weiterentwicklung exzellenter Ideen aus Forschung und Entwicklung in tragfähige und international wettbewerbsfähige industrielle Ökosysteme. Das Hightech-Forum war in der 19. Legislaturperiode das zentrale Beratungsgremium der Bundesregierung zur Umset- zung der Hightech-Strategie 2025 (HTS 2025). Es setzte sich aus 21 Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft zusammen. Den Vorsitz teilten sich Christian Luft, Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung, und Prof. Dr.-Ing. Reimund Neugebauer, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft. Das Gremium analysierte für die Bundesregierung wichtige Themen für die Zukunftsfähigkeit des Forschungs- und Innova- tionsstandorts Deutschlands und beriet bei der strategischen Ausgestaltung und konzeptionellen Weiterentwicklung der HTS 2025. Das Hightech-Forum fasste 2021 seine bisheri- gen Beratungspapiere in einem Ergebnisbericht zusammen 14

Bericht des Vorstands I Lagebericht 2021 Erträge in der Vertragsforschung in Mio € Finanzierungsanteile in % 2168 1992 2398 2295 2518 658 723 724 825 723 763 895 1015 682 746 845 780 711 755 526 65,5 28,6 27,9 3,9 70,3 31,9 29,3 3,7 2017 2018 2019 2020 2021 2017 2018 2019 2020 2021 Wirtschaftserträge Öffentliche Projekterträge Grundfinanzierung Projekterträge gesamt 1 Wirtschaft Bund und Länder EU 1 Darin Finanzierungsanteil der Sonstigen Erträge, 2021: 5,4 %. Öffentliche Projekterträge 2021 in Mio € Ausländische Projektvolumina in Mio € 293 296 279 276 287 87 88 84 75 77 98 114 109 117 117 94 91 95 92 93 2017 2018 2019 2020 2021 Kunden und Partner außerhalb Europas Kunden und Partner in Europa Projektförderung EU 258 225 71 1015 236 93 132 BMBF BMWK (ehemals: BMWi) Sonstige Bundesressorts Länder EU Sonstige 16

Bericht des Vorstands I Lagebericht 2021 Zusätzliche Forschungsförderung in Mio € 159 164 163 2 12 77 11 14 65 15 15 58 60 68 68 74 75 121 128 57 64 2017 2018 2019 2020 2021 Projektförderung FFB (BMBF) Grundfinanzierung ATHENE (BMBF und Hessen) Projektförderung BMVg Grundfinanzierung BMVg Ausbauinvestitionen in Mio € 306 270 84 35 38 53 234 1 61 187 179 172 255 89 34 132 173 48 27 98 2017 2018 2019 2020 2021 Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland (FMD) Erstausstattung Baumaßnahmen (Groß- und Kleinbau) 18 Der Aufbau der vom BMBF geförderten FFB ging 2021 weiter voran und legte im letzten Jahr leicht auf 15 Mio € zu. Das Großprojekt wird vom BMBF mit insgesamt 500 Mio € projekt- finanziert. Weitere rund 200 Mio € stellt Nordrhein-Westfalen für ein Gebäude in Münster bereit. In der Verteidigungsforschung sind die Tätigkeiten in For- schung und Entwicklung (FuE) von sieben Fraunhofer-Instituten zusammengefasst, die vom Bundesministerium der Vertei- digung (BMVg) eine Grundfinanzierung und kontinuierliche Projektförderung erhalten. Ziel der FuE-Tätigkeiten ist es, Men- schen, Infrastrukturen und Umwelt bestmöglich vor potenziel- len militärischen, technischen, terroristischen, natürlichen und kriminellen Sicherheitsbedrohungen zu schützen. Während die Grundfinanzierung des BMVg um 1 Mio € auf 75 Mio € zunahm, ging die Projektförderung des BMVg um 7 Mio € auf 58 Mio € zurück. Entsprechend nahm die Verteidigungsfor- schung 2021 insgesamt um 4 Prozent auf 133 Mio € ab. Ausbauinvestitionen In den Ausbauinvestitionen sind Baumaßnahmen sowie die Erstausstattungen mit wissenschaftlichen Geräten und Mobiliar erfasst. Nach großen Steigerungen in den letzten Jahren sind die Ausbauinvestitionen 2021 auf 234 Mio € zurückgegangen. Hauptgrund ist die planmäßige Fertigstellung der Forschungs- fabrik Mikroelektronik Deutschland (FMD) und das Aus- laufen der Investitionen in deren Erstausstattung auf 1 Mio €. Der Aufbau der FMD wurde seit 2017 vom BMBF projektfinan- ziert und stärkt mit der Mikroelektronik-Forschung eine deut- sche Schlüsselindustrie und erneuert deren Geräteinfrastruktur. Die Investitionen in Bau und Erstausstattung bewegten sich insgesamt auf dem Vorjahresniveau. Während die Baumaß- nahmen um 7 Mio € auf 172 Mio € zurückgingen, wovon 139 Mio € auf Großbauprojekte und 33 Mio € auf den Klein- bau entfielen, stiegen die Investitionen in die Erstausstattung um 8 Mio € auf 61 Mio €. Großbauten und Erstausstattung werden von Bund und Ländern im Verhältnis 50 : 50 sonder- finanziert. Häufig stellen die Länder zusätzliche Fördermit- tel aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) bereit, die den Zuwendungsbedarf für Bund und Land gleichermaßen verringern. Die Kleinbaumaßnahmen werden aus der gemeinsamen Grundfinanzierung im Verhältnis 90 : 10 finanziert. In Summe betrug der Zuwendungsbedarf für Bund und Länder 187 Mio €. Bei den Projekterträgen entfielen 46 Mio € auf EFRE-Mittel der Länder und sonstige Erträge.

Bericht des Vorstands I Lagebericht 2021 Minderheitsbeteiligung. Im Jahr 2021 unterstützte Fraunhofer Venture 52 neue Ausgründungsprojekte; es gingen 30 Spin- offs aus der Fraunhofer-Gesellschaft hervor. Fraunhofer hat sich zum Ziel gesetzt, sowohl die Anzahl der Ausgründun- gen als auch den Anteil des Wirtschaftsertrags mit Spin-offs am Gesamtwirtschaftsertrag zu steigern. Unterstützt wird dieses Ziel umfangreich mit zielgerichteten Maßnahmen und Programmen, die im Rahmen eines integralen Ansatzes, »AHEAD«, inhaltlich gebündelt wurden. Internationales Die Grundsätze der Internationalisierungsstrategie der Fraunhofer-Gesellschaft sind die wissenschaftliche Wert- schöpfung für Fraunhofer und positive Effekte sowohl für Deutschland und Europa als auch das jeweilige Partnerland. Durch die Kooperation mit den weltweit Besten gelingt es Fraunhofer, den globalen Herausforderungen mit zukunftsfä- higen Lösungen zu begegnen. Für die Generierung exzellenter wissenschaftlicher Inhalte und die Zusammenarbeit mit attrak- tiven Partnern im Ausland, hat Fraunhofer diverse Formate entwickelt. Die am stärksten institutionalisierte Form sind die acht rechtlich selbstständigen Fraunhofer-Auslandsgesellschaften: Fraunhofer USA, Inc. Fraunhofer Austria Research GmbH Fraunhofer Italia Research Konsortial-GmbH Fraunhofer UK Research Ltd Fundación Fraunhofer Chile Research Associação Fraunhofer Portugal Research Stiftelsen Fraunhofer Chalmers Centrum för Industrimatematik (in Schweden) Fraunhofer Singapore Research Ltd. Die Auslandsgesellschaften fungieren als Rechtsträger für zum Bilanzstichtag 13 Forschungscenter im Ausland. Dies sind lang- fristig angelegte, institutionalisierte Fraunhofer-Kooperationen mit örtlichen Universitäten, die eine dauerhafte Forschungs- tätigkeit im Ausland ermöglichen. Die Auslandsgesellschaf- ten arbeiten nicht gewinnorientiert, sondern gemeinnützig und erhalten im Regelfall Grundfinanzierung vom Sitzland. Die Finanzierung erfolgt analog zum Fraunhofer-Modell. Im Rahmen der Fortschreibung der Internationalisierungs- strategie bekommen die selbstständigen Fraunhofer-Aus- landsgesellschaften eine neue strategische Ausrichtung. Zukünftig steht der verstärkte wissenschaftliche Austausch zwischen den Centern der Auslandsgesellschaften und den deutschen Fraunhofer-Instituten im Vordergrund. Neben den ausländischen Projektvolumina der Fraunhofer-Gesellschaft erzielten die Fraunhofer-Auslandsgesellschaften 2021 Projekt- volumina mit Dritten in Höhe von umgerechnet 27 Mio €. 20 Davon entfallen 7 Mio € auf Fraunhofer USA. Dahinter folgen Fraunhofer Austria mit 6 Mio € und das Stiftelsen Fraunhofer Chalmers Centrum för Industrimatematik in Schweden und Fraunhofer UK mit jeweils 4 Mio €. Das Forschungsspektrum der Fraunhofer-Auslandscenter ist weitreichend und umfasst die Quantentechnologie ebenso wie Informationstechno- logien, Künstliche Intelligenz, Wirtschaftsmathematik, Pro- duktions- und Logistikthemen, Biotechnologie oder Solare Energietechnik. In den Fraunhofer Innovation Platforms (FIP; ehemals: Project Center, FPC) kooperieren Fraunhofer-Institute zu einem bestimmten Thema temporär mit einer ausländischen Forschungseinrichtung. Der jeweilige Partner etabliert die FIP unter eigener rechtlicher Hoheit und kooperiert in einem bestimmten Themenfeld eng mit einem Fraunhofer-Institut in Deutschland. Die Zusammenarbeit zielt auf gemeinsame For- schung, gemeinsame Projekte für Kunden und die Beteiligung an öffentlich geförderten Projekten. Im Jahr 2021 starteten zwei neue Fraunhofer Innovation Platforms: in der Tschechischen Republik die »Fraunhofer Innovation Platform for Applied Artificial Intelligence for Materials & Manufacturing« (FIP-AI@VSB-TUO) eine Zusammenarbeit zwischen der VSB – Technische Universität Ostrava (VSB-TUO), dem Fraunhofer-Institut für Werkzeugma- schinen und Umformtechnik IWU und dem Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT. Ziel der Kooperation sind neu- artige Lösungen für die Wärmerückgewinnung in der Industrie auf Basis modularer Energiespeicher und Wärmetauscher-Sys- teme und diese mit digitalen Produktionstechnologien und der Integration in Prozessketten zu verknüpfen. Die »Fraunhofer Innovation Platform for Smart Shipping« (FIP-S2@Novia) wurde in Finnland etabliert. Hier forschen das Fraunhofer-Center für Maritime Logistik und Dienstleistungen CML und die Novia University of Applied Sciences in Turku gemeinsam an maritimen Simulationen und Digitalen Zwil- lingen, also virtuellen Kopien von Schiffen, Schiffsteilen oder Häfen. Das interne Programm ICON (International Cooperation and Networking) ermöglicht die strategische Zusammen- arbeit mit exzellenten ausländischen Universitäten und außer- universitären Forschungseinrichtungen auf Projektbasis. Über dieses Programm konnten 2021 drei neue Kooperationen entstehen:

Bericht des Vorstands I Lagebericht 2021 Aspekte der Corporate Responsibility Fraunhofer-Gesellschaft innerhalb der Belegschaft Gelder zur schnellen und unbürokratischen Unterstützung der schwer betroffenen Mitarbeitenden. Die Verteilung der gesammelten Spenden – insgesamt 165 000 € – wurde Ende November von einem extra eingerichteten Spendengremium realisiert. Damit konnten die Betroffenen bei Schäden unterstützt werden, die nicht von einer Versicherung abgedeckt wurden. Für die große Hilfsbereitschaft und Solidarität bedankten sich sowohl Vor- stand als auch die Betroffenen. Forschung für Nachhaltigkeit Als weltweit führende Organisation für anwendungsorien- tierte Forschung trägt Fraunhofer zuallererst mit nachhaltigen Lösungen zur Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft bei. Die vielfältigen Beispiele aus der Fraunhofer-Forschung auch im diesjährigen Jahresbericht zeigen, in wie vielen Themenbe- reichen und zu welch komplexen Herausforderungen an den Fraunhofer-Instituten Lösungen entwickelt werden. Genannt werden können hier Entwicklungen im Bereich Intelligente Medizin, z. B. der Einsatz von Minirobotern zur körperschonen- den Behandlung, nachhaltige Lösungen aus dem Bereich Bio- ökonomie, z. B. die Suche nach einem ökologisch verträglichen Ersatz für Palmöl oder synthetische Kraftstoffe aus biogenen Reststoffen oder auch der Einsatz der Künstlichen Intelligenz zur Sicherung unserer Energieversorgung. Zu den weltweit wichtigsten gesamtgesellschaftlichen Auf- gaben gehört der Klimaschutz, d. h. vor allem die Umstellung der Energiesysteme auf erneuerbare Energien und die Defossi- lisierung der Wirtschaft. Fraunhofer-Forschende steuern hierfür maßgebliche Impulse bei. Beispielsweise in den Initiativen rund um Wasserstofftechnologien oder dem Pilotprojekt zu energetischen Flexibilisierungsmaßnahmen für eine funktio- nierende Versorgung von industriellen Prozessen mit Strom, der maßgeblich aus erneuerbaren Quellen stammt. Wie die Transformation hin zur Klimaneutralität in Deutschland bis 2045 realisierbar ist, beschreibt der Szenarienreport, der im ARIADNE-Projekt unter Mitwirkung von Fraunhofer-Wissen- schaftlerinnen und -Wissenschaftlern erarbeitet wurde. Verantwortung der Fraunhofer-Gesellschaft Unter Corporate Responsibility (CR) versteht Fraunhofer die umfassende Verantwortung im Hinblick auf ökonomische, ökologische und gesellschaftliche Belange. Der Umgang mit Kunden und Kooperationspartnern, Mitarbeiterinnen und Mit- arbeitern, Auftragnehmern und Lieferanten ist bei Fraunhofer ebenso wie die Ausrichtung auf Forschung für das Wohl der Gesellschaft und zur Stärkung der deutschen und europäi- schen Wirtschaft vom »Prinzip der Verantwortung« geleitet. Diese Verantwortung zeigte sich vor dem Hintergrund der anhaltenden Corona-Pandemie auch 2021 für die eigenen Mitarbeitenden. So engagierte sich die Fraunhofer-Gesellschaft neben zahlreichen Forschungsprojekten, darunter z. B. die Entwicklung von Medikamenten gegen COVID-19, auch mit einer Fraunhofer-weiten Impfkampagne im Kampf gegen das Virus und zum Schutz der eigenen Angestellten. Darüber hinaus konnten auf Initiative und mit Unterstützung des Fraunhofer-Vorstands alle Mitarbeitenden an einer Antikör- per-Studie des Fraunhofer-Instituts für Translationale Medi- zin und Pharmakologie ITMP teilnehmen und sich freiwillig auf SARS-CoV-2-Antikörper testen lassen. Ein Angebot, das Fraunhofer-weit auf enormes Interesse stieß und in großem Umfang wahrgenommen wurde. Die umfassenden Schutz- und Hygienemaßnahmen aus dem Vorjahr wurden aufrecht- erhalten oder, wo sinnvoll, weiter ausgebaut. Ein weiteres Ereignis, das die Solidarität innerhalb der Orga- nisation und das Engagement von Fraunhofer für die eigenen Mitarbeitenden deutlich machte, war die Hochwasserflut im Juli 2021. Von der Flut, die deutschlandweit, aber vor allem im Ahrtal gewaltige Schäden verursachte, waren auch zahlreiche unserer Kolleginnen und Kollegen betroffen. Über ein kurzfristig eingerichtetes Spendenkonto sammelte die 22

Bericht des Vorstands I Lagebericht 2021 zur Grundimmunisierung der Mitarbeitenden in Zusammen- arbeit mit dem betriebsärztlichen Dienst BAD im Sommer 2021 stellt die Fraunhofer-Gesellschaft auch ein Angebot für Auffrischungsimpfungen bereit. Erste Termine konnten bereits im Dezember 2021 durchgeführt werden. Der Großteil der Impfungen fand im Januar und Februar 2022 statt. Dieser wertschätzende Beitrag zum Schutz der eigenen Mitarbeiten- den unterstreicht die ausgezeichneten Arbeitsbedingungen der Fraunhofer-Gesellschaft. »Unser Erfolg basiert auf dem Wissen und der Begeiste- rung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die angewandte Forschung. Fraunhofer bietet ausgezeich- nete Rahmenbedingungen und einen hohen Grad an Selbstbestimmung«. Aus dem Leitbild der Fraunhofer-Gesellschaft Wissen und Begeisterung zu stärken und die dafür idealen Rahmenbedingungen zu schaffen und weiter zu entwickeln – dazu trägt das Personalmanagement von Fraunhofer mit seinen strategischen Handlungsfeldern bei. Globale Megatrends wie die digitale Transformation erfordern, die Leistungsfähigkeit und Innovationskraft der Fraunhofer-Institute zu sichern und zu steigern. Die Gestaltung der Arbeitswelt ist dabei ein wesent- licher Faktor für die Anpassungsfähigkeit an sich verändernde Rahmenbedingungen und trägt entscheidend zur Innovations- fähigkeit, Arbeitgeberattraktivität und Resili enz der Orga- nisation auch in Zeiten der Pandemie bei. Rund 40 Institute initiierten Umsetzungsprojekte im Kontext von New Work und nutzen dabei die Impulse, Tools und Handlungshilfen des zentralen Angebots: Das Instrument »New-Work-Radar« wurde im Rahmen der Pilotphase entwickelt und steht den Instituten als Bestands- aufnahme- und Analyse-Tool zur Verfügung. Es bietet die Möglichkeit, sich mit dem aktuellen Stand der New-Work- Initiativen und dem angestrebten Reifegrad in Bereichen wie beispielsweise der Führung und Selbstorganisation, Flexibilisierung und Innovationskultur auseinanderzusetzen. Durchführbar ist die Analyse als Self Assessment oder als expertengeleitetes Workshop-Format mit der Zielsetzung, erste Handlungsfelder der New-Work-Implementierung zu identifizieren. Begleitend wurde eine New-Work-Community ins Leben gerufen, der mittlerweile 84 New-Work-Projektverantwort- liche angehören und über die sich die beteiligten Institute austauschen und kollegial beraten. Mittlerweile sind ca. 15 000 Mitarbeitende direkt oder indirekt in New-Work- Aktivitäten involviert. Insgesamt wurden Fraunhofer-weit bisher über 20 örtliche Betriebsvereinbarungen bzw. Regelungen (bei Instituten ohne Betriebsrat) zum orts- und zeitflexiblen Arbeiten entwickelt. Nahezu alle Institute setzten dabei auf Befra- gungen der Mitarbeitenden und erprobten die neuen Ein Beispiel für mehr Partizipation und Beteiligungsformate ist die aktive Einbindung von Bürgerinnen und Bürger in Forschungs- und Entwicklungsprozesse – oftmals als Citizen Science beschrieben. Ziel ist nicht allein die Erhöhung der Akzeptanz für Innovationen in der Gesellschaft, sondern viel- mehr die veränderte und auf die Anwendenden ausgerichtete Gestaltung von Innovation. Denn letztlich sind es die Bürge- rinnen und Bürger, die Produkte und Technologien im Alltag nutzen. Durch die Einbindung der potenziellen Anwendenden bereits im Forschungs- und Entwicklungsprozess können wichtige Impulse für Innovationen aufgenommen und ver- schiedene Perspektiven berücksichtigt werden. Dieser Ansatz kann einerseits die Orientierung an wirtschaftlichen Bedarfen in der Fraunhofer-Forschung optimal ergänzen und anderer- seits dazu beitragen, die Kommunikation und Akzeptanz von Wissenschaft in der Gesellschaft zu stärken. Die dafür nötigen Methoden und Kompetenzen werden von Fraunhofer-For- schenden entwickelt und erprobt. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Zum Jahresende 2021 waren bei Fraunhofer 30 028 Mit- arbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt, davon 21 640 wis- senschaftliche, technische und administrative Beschäftigte (WTA-Personal), 7877 Studierende sowie 511 Auszubildende. Die Personalzahlen bestätigen das zu Beginn der Krise mit den Zuwendungsgebern vereinbarte Ziel des Kapazitäts- und Kompetenzerhalts und zeigen, dass Fraunhofer auch unter ver- änderten Rahmenbedingungen voll arbeitsfähig bleibt. Nachdem Omikron die dominierende Virusvariante in Deutsch- land wurde, stiegen die Inzidenzwerte in der Bundesrepublik rasant an und erreichten Höchstwerte. Auch die Anzahl an Infektionen bei den Mitarbeitenden der Fraunhofer-Gesell- schaft stieg massiv an: Bis einschließlich Januar 2022 wurden seit Beginn der Pandemie ca. 1300 Meldungen erfasst. Davon entfielen knapp 700 Fälle auf den Zeitraum November 2021 bis einschließlich Januar 2022. Dabei konnten die Ansteckungen fast ausschließlich auf das nähere soziale Umfeld der betrof- fenen Personen zurückgeführt werden – insbesondere im gemeinsamen Haushalt lebende Personen spielten eine große Rolle. Nach der Durchführung einer ersten Impfkampagne 24

Bericht des Vorstands I Lagebericht 2021 Diversity-Sensibilisierungskonzepte mit dem Schwerpunkt auf Unconscious Bias, innovative Maßnahmen zur Barrierefreiheit für Menschen mit Behinderung sowie virtuelle Angebote zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie, welche auf die derzeitigen Herausforderungen der Pandemie zugeschnitten sind. Der Anteil an Menschen mit Schwerbehinderung lag zum Jahresende 2021 bei 2,6 Prozent (Vorjahr 2,8 Prozent). Die Inklusion von Menschen mit Behinderung ist einer der Schwer- punkte im Förderprogramm Diversity. 2021 lag der Fokus auf dem Thema physische Barrierefreiheit. Zentral gefördert wurde beispielsweise ein Entwicklungsprojekt, in dem ein Fahrstuhl- Prototyp implementiert und evaluiert wird, welcher es erlaubt, mithilfe eines einfach nachzurüstenden externen Geräts beliebige Fahrstühle für Blinde und Sehbehinderte barrierefrei zu machen. Weitere Schwerpunkte lagen auf der Information und Kommunikation zu Inklusionsthemen, u. a. im Fraunhofer- weiten Intranet. Der Fraunhofer-weite Rahmenvertrag mit dem pme Familien- service über die Leistungsbereiche Kindernotbetreuung, Homecare / Eldercare und Lebenslagencoaching wurde 2021 um weitere zwei Jahre verlängert. Inbegriffen ist hier weiterhin die pme Akademie. Als außerplanmäßige Leistung wurde der Rahmenvertrag im Sommer 2021 um ein Unterstützungspaket für Betroffene der Hochwasserkatastrophe erweitert, welches u. a. eine spezielle Notfallhotline, Einkommens- und Budgetbe- ratung, psychosoziale Notfallbetreuung sowie einen Concierge Service (Hilfe im Haushalt, Handwerkerleistungen, Tiersitting, Botengänge) bereithielt. Im Jahr 2021 wurde ein reduziertes Verfahren für die Zerti- fizierung des Fraunhofer FamilienLogo angeboten, d. h., die bereits ausgezeichneten Institute können ihr Logo bis zur Rezertifizierung 2022 weiterführen, während weitere Institute die Möglichkeit der Erstzertifizierung in Anspruch nehmen konnten. Damit stieg die Anzahl der mit dem FamilienLogo für exzellente Vereinbarkeit ausgezeichneten Institute auf 19. Weitere 29 Institute zeigten eine sehr gute Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Mit der Fraunhofer-spezifischen Kaskade hat Fraunhofer bis 2025 transparente Ziele zur Erhöhung des Wissenschaftle- rinnenanteils auf den verschiedenen Ebenen gesetzt. Auf der Ebene 3 (wissenschaftliche Mitarbeitende ohne Führungsver- antwortung) wurde das Jahresziel mit einem Frauenanteil von 24,3 Prozent erreicht. Mit einem Anteil an Wissenschaftlerin- nen von 16,8 Prozent wurde auch das Ziel auf der Führungs- ebene erreicht. Das Ziel eines Frauenanteils von 13 Prozent auf der obersten Führungsebene wurde dagegen trotz leichter Steigerung um 3 Prozentpunkte verfehlt. 26 Das 2020 ins Leben gerufene Sourcing-Team verfolgt das Ziel, mehr Frauen für die Institutsleitungsebene zu gewinnen. Seitdem ermittelte das Sourcing-Team national als auch international über 1000 interessante Kandidatinnen und kontaktierte bereits über 600 von ihnen. Für 16 Berufungs- verfahren sprach das Sourcing-Team über 220 Kandida- tinnen gezielt an. 30 von ihnen reichten ihre Bewerbung ein. In neun der Berufungsverfahren, die bereits weiter fortgeschritten waren, wurden 16 Frauen zu Vorträgen eingeladen – 6 davon erhielten bereits einen Ruf. Bei den ver- bleibenden drei Berufungsverfahren stand bereits jeweils eine Frau auf der Berufungsliste. Fraunhofer strebt an, den Anteil von Frauen in den Kuratorien der Institute jährlich um 4 Prozentpunkte zu erhöhen. Die seitens der Forschungskoordination eingeleite- ten Maßnahmen und das Engagement der Institute zeigten Wirkung – mit einem Frauenanteil in den Kuratorien der Institute von 26,5 Prozent (Vorjahr 22,3 Prozent) wurde das Ziel 2021 erreicht. Unconscious Bias ist ein wichtiges Thema im Diversity Management, um eine Kultur der Chancengerechtigkeit und Vielfalt zu gestalten. Die Fraunhofer-Gesellschaft hat ein umfassendes Konzept für Mitarbeitende und Führungskräfte entwickelt, um für das Wirken von Unconscious Bias zu sensi- bilisieren, den Umgang damit zu trainieren und deren negative Wirkungen bei Personalentscheidungen und im beruflichen Miteinander zu reduzieren. Neben dem Einsatz unterschied- licher Maßnahmen, wie z. B. einem Präsentationsmodul für Vorträge und Schulungsmodulen in Führungskräfteseminaren, wurde im Jahr 2021 mit einem externen Anbieter ein E-Lear- ning entwickelt. Dieses soll im Frühjahr 2022 veröffentlicht werden und Mitarbeitende und Führungskräfte dabei unter- stützen, vielfältigere Perspektiven bei Entscheidungssituationen einzunehmen. Die Förderung von Chancengleichheit in Forschung und Innovation ist für die EU-Kommission ein wichtiges Anliegen, das von der Fraunhofer-Gesellschaft in hohem Maße begrüßt und unterstützt wird. So wird ab 2022 der »Gender Equality Plan« (GEP) als verpflichtende Zulassungsvoraussetzung für die Teilnahme am Programm »Horizon Europe« eingeführt. Der GEP enthält neben einer Selbstverpflichtung des Vor- stands eine Darstellung zum Status quo der Geschlechter- verteilung und einen Überblick über Ziele, Maßnahmen und Programme zur Förderung von beruflicher Chancengleichheit bei Fraunhofer. Der GEP wurde für Fraunhofer auf Basis des jährlichen Monitoringberichts für den Pakt für Forschung und Innovation erstellt und wird jährlich aktualisiert. Den Vorgaben der EU-Kommission folgend, veröffentlicht Fraunhofer die Selbstverpflichtung zur Förderung beruflicher Chancengleich- heit auf der Website und den Gender Equality Plan, der allen Mitarbeitenden zugänglich ist, im Intranet.

Bericht des Vorstands I Lagebericht 2021 Risiken und Ausblick Risikomanagement und Risiken Die Risikosituation der Fraunhofer-Gesellschaft hat sich im Vergleich zum Vorjahr leicht verbessert, ist aber weiterhin von den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie geprägt. In der Gesamtsicht besteht jedoch weiterhin keine nachhaltige Gefährdung der Fraunhofer-Gesellschaft. Dank des großen Einsatzes aller Mitarbeitenden sowie der Unterstützung des Bundes und der Länder konnte Fraunhofer auch im zweiten Jahr der COVID-19-Pandemie die weiter- hin immensen Herausforderungen bewältigen. Aufgrund der Ungewissheit über das weitere Pandemiegeschehen bleibt die weitere wirtschaftliche Entwicklung und der Umfang der Aus- wirkungen auf die Fraunhofer-Gesellschaft aber unsicher. Der Fraunhofer-Vorstand hat deshalb Szenarien mit entsprechen- den Maßnahmen entwickelt, um schnell auf zukünftige Ent- wicklungen reagieren zu können. Unter anderem wurde vom Zuwendungsgeber ein Mehrbedarf an Zuwendung auch für 2021 genehmigt, um Fraunhofer den Erhalt ihrer zur Krisen- bewältigung in Deutschland und Europa so wichtigen Kom- petenzen und Kapazitäten zu ermöglichen. Die Veränderung der Lage wird weiterhin durch den Corona-Krisenstab intensiv beobachtet und analysiert, um Maßnahmen laufend an sich verändernde Situationen anzupassen. Folgen entfaltet, welche die Erfüllung des satzungsgemäßen Auftrags bzw. den Erfolg der Fraunhofer-Gesellschaft gefähr- den. Um dieses Ziel zu erreichen, ist ein Risikomanagement- system etabliert, das die Anforderungen und die Struktur der Fraunhofer-Gesellschaft berücksichtigt, fortlaufend weiterent- wickelt und vom Wirtschaftsprüfer der Fraunhofer-Gesellschaft als geeignet und ausreichend bewertet wurde. Der Regelkreis des Risikomanagements beinhaltet eine jähr- liche systematische und standardisierte Risikoerhebung mit den Risikoexperten in den Fachabteilungen. Die dabei erhobe- nen Einzelrisiken inkl. der Maßnahmen werden im Anschluss für die jährliche Berichterstattung an den Vorstand zu den entsprechenden Risikothemen zusammengefasst und priori- siert, wodurch gleichartige Einzelrisiken gesamthaft bewertet werden. Daneben informieren die Fachabteilungen den Vorstand im Rahmen bestehender Berichtswege regelmäßig bzw. anlassbe- zogen über relevante Risikoentwicklungen. Das Fraunhofer-spezifische Risikokategorisierungsmodell bildet den Rahmen für die jährliche Risikoerhebung und den darauf aufbauenden Risikobericht an den Vorstand. Es besteht in der ersten Ebene aus vier Risikofeldern (Geschäftsmodell, Finanzen, Ressourcen und Operatives Geschäft). Auf der zweiten Ebene wurden diesen vier Risikofeldern bisher 19 Fraunhofer-spezi- fische Risikothemen zugeordnet. Unter dem Begriff Risiko versteht Fraunhofer alle internen und externen Ereignisse und Entwicklungen, die den Erfolg der Gesellschaft gefährden können. Hierzu zählen sowohl direkt monetär ermittelbare als auch qualitative Risiken. Das Risikofeld Geschäftsmodell umfasst Risikothe- men, welche die Fortführung und Weiterentwicklung des Fraunhofer-Geschäftsmodells gefährden können. Dies betrifft sowohl wichtige externe Rahmenbedingungen als auch Risiken hinsichtlich der internen Ausgestaltung des Geschäftsmodells. Das Risikomanagement bei Fraunhofer verfolgt das Ziel, vorhandene und potenzielle Risiken frühzeitig zu identifizieren und durch geeignete Maßnahmen so zu steuern, dass der Risikoeintritt entweder abgewendet werden kann oder keine Durch die COVID-19-Pandemie ist in bestimmten Bereichen des Forschungsportfolios weiterhin mit Auswirkungen zu rechnen. Fraunhofer intensiviert entsprechend die bereits lau- fenden Aktivitäten in der strategischen Portfoliosteuerung. 28

Bericht des Vorstands I Lagebericht 2021 Fraunhofer-Risikokategorisierungsmodell Risikofelder Geschäftsmodell Finanzen Ressourcen Operatives Geschäft Risikothemen Beihilferecht Gemeinnützigkeit, Steuern Verwertung, Ausgründungen Unternehmensstrategie, Portfoliosteuerung Internationale Aktivitäten Grundfinanzierung Öffentliche Erträge Wirtschaftserträge Aufwand Betrieb / Investitionen / Bau Liquidität, Vorfinanzierung, sonstige finanzielle Risiken Personal IP, Know-how Infrastruktur Finanzvermögen, Reserve Reputation, Marke Leistungserbringung, vertragliche Risiken Rechtliche Risiken Informationssicherheit Ordnungsmäßigkeit, interne Kontrollsysteme zuletzt auch in der Hochwasserkatastrophe 2021 bewiesen. Fraunhofer konnte dadurch binnen kürzester Zeit einen Krisen- stab einrichten und betroffene Mitarbeitende unterstützen. Die Fraunhofer-Gesellschaft arbeitet stetig daran, ihre Schutz-, Präventions- und Krisenbewältigungsprozesse zu verbessern, um die Resilienz gegen mögliche Gefahren und Risiken weiter zu steigern. Im Risikofeld Operatives Geschäft sind Risiken zusammen- gefasst, die aus den Prozessen in Forschung und Verwaltung bzw. der Durchführung von konkreten Forschungsvorhaben erwachsen können. Der sichere Umgang mit Informationen stellt für die nach- haltige Geschäftstätigkeit einer wissensbasierten Forschungs- gesellschaft eine elementare Voraussetzung dar. Aber auch Forschungsgesellschaften können sich dem (derzeit) starken Anstieg von Gefährdungen im Bereich Informationssicher- heit nicht entziehen. Diese Risiken werden bei Fraunhofer jedoch durch gezielte und fortlaufend weiterentwickelte Maßnahmen begrenzt und in einem verbindlichen Informa- tionssicherheitshandbuch beschrieben. Gegenwärtig ist das Risiko wechselseitiger Cyberangriffe und Spionageaktivitäten angesichts des Kriegs in der Ukraine noch einmal deutlich gestiegen. 30

Bericht des Vorstands I Bericht des Senats zum Geschäftsjahr 2021 Bericht des Senats zum Geschäftsjahr 2021 Heinz Jörg Fuhrmann, Vorsitzender des Senats der Fraunhofer-Gesellschaft. In einem weiterhin schwierigen Marktumfeld ver- zeichnet die Fraunhofer-Gesellschaft 2021 ein leichtes Wachstum. Dank der Unterstützung des Bundes, des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, der Bundesländer sowie mithilfe des engagierten Einsatzes der erstmals über 30 000 Mitarbeitenden konnten die großen Herausforderungen des zweiten Pandemiejahres bewältigt werden. Erste Anzeichen der Erholung gab es beispielsweise bei den Wirtschaftserträgen, die in absoluten Zahlen an das Vorkrisenniveau anschließen konnten. 32 t d e t s r e B i . F / G A r e t t i g z a S : l o t o F

Bericht des Vorstands I Neu im Senat N E U I M S E N A T In ihrer aktuellen Position will Katrin Sternberg die starke Stellung von Aesculap bei chirurgi- schen Instrumenten, Implantaten und in der Steriltechnik ausbauen: »Sensoren werden bei der Behandlung von Krankheiten immer wichtiger«, sagt sie. Als weitere Zukunftsfelder nennt die Vorständin die Robotik, Künstliche Intelligenz (KI), um etwa die Diagnostik zu verbessern, oder langfristig den 3D-Druck von Gewebestrukturen mittels Biotinten. Themen, an denen auch bei Fraunhofer inten- siv geforscht wird – etwa in den Strategischen Forschungsfeldern Intelligente Medizin und KI. In solchen Plattformen bündelt Fraunhofer die transdisziplinären Kompetenzen ihrer Institu- te, um bedarfsgerechte Lösungen zu finden. Insbesondere die Gesundheitsforschung soll davon profitieren, um künftig eine kosten- intelligente Präzisionsmedizin zum Wohle der Patientinnen und Patienten bieten zu können. Dr.-Ing. habil. Katrin Sternberg Vorstandsmitglied Research & Development, Quality Management, Regulatory Affairs & Medical Scientific Affairs | B. Braun / Aesculap AG Katrin Sternberg verantwortet als Vorstands- mitglied bei der Aesculap AG seit 2018 das Ressort Research & Development und seit 2019 außerdem Quality Management, Regulatory Affairs & Medical Scientific Affairs. Aesculap ist als Hersteller von medi- zintechnischen Produkten eine Sparte des B.-Braun- Melsungen-Konzerns. Bevor sie 2014 zu Aesculap wechselte, wo sie seither verschiedene Führungspositionen innehatte, war Sternberg stellvertretende Direktorin des Instituts für Biomedizinische Technik an der Universität Rostock. An der Universität agierte die Chemikerin zuletzt als Konsortialsprecherin in einem nationalen und internationalen Netzwerk zum Thema »Inno- vation in der Implantattechnologie«, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wurde. Bei Aesculap startete sie zunächst als Vice President Research & Development. Was heute als »Purpose-Kommunikation« bezeich- net wird, hat die Forscherin schon seit Langem auf ihren Karriereweg übertragen: War ihre Promotion über Reaktionsmechanismen von Molekülstrukturen noch stark in der Grund- lagenforschung verankert, so richtete Stern- berg ihren Werdegang immer stärker auf die Anwendung des medizinischen Erkenntnisge- winns aus. Etwa mit einem Habilitationsthema in den Ingenieurwissenschaften zum Potenzial von Polymerbeschichtungen als medizinische Wirkstoffdepots. 34

Bericht des Vorstands I Neu im Senat 36 p b : o t o F »Meine Leidenschaft ist, Energie für Menschen und unseren Planeten neu zu denken. Deswegen bin ich Ingenieurin geworden. Ich möchte einen Beitrag zu einer nachhaltigeren und inklusiveren Energiezukunft leisten.« Anja-Isabel Dotzenrath

3 3 8 8 Foto: Allexxandar / shutterstock

Aus der Fraunhofer-Forschung I Wandel, Werte, Wirkung: Gemeinsam Ideen zu Innovationen machen Wandel, Werte, Wirkung: Gemeinsam Ideen zu Innovationen machen Autorinnen und Autoren Gesundheitliche Versorgung Prof. Dr. Dr. Gerd Geißlinger, Priv.-Doz. Dr. Aimo Kannt, Fraunhofer-Institut für Translationale Medizin und Pharma kologie ITMP Nachhaltige Transformation Prof. Dr.-Ing. Welf-Guntram Drossel, Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU Prof. Dr. Hans-Martin Henning, Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE Strukturwandel Dr. Patrick Dieckhoff, Michael Henkert, Christiane Reif, Fraunhofer-Zentrale Prof. Dr. Mario Ragwitz, Konstantinos Schinarakis, Fraunhofer- Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG Digitalisierung und technologische Souveränität Prof. Dr. Manfred Hauswirth, Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme FOKUS Prof. Dr.-Ing. Albert Heuberger, Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS Mitgestaltung von Forschung und Innovation Dipl.-Ing. Jürgen Bertling, Julia Krayer M. A., Dipl.-Geogr. Simone Krause, Dipl.-Des. Sabrina Schreiner, Prof. Dr.-Ing. Eckhard Weidner, Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT Open Access und Kommunikation Roman Möhlmann, Fraunhofer-Zentrale Eric Retzlaff, Fraunhofer-Informationszentrum Raum und Bau IRB 40

Aus der Fraunhofer-Forschung I Wandel, Werte, Wirkung: Gemeinsam Ideen zu Innovationen machen Verständnis der Verbreitung von SARS-CoV-2 führen. Ent- wickelt wurde ein Raumluftfiltersystem auf Basis der elektro- chemischen Totaloxidation, das organische Substanzen wie Viren vollständig zerstört. Methoden für die Bewertung des Infektionsrisikos in Innenräumen, auch bei der Umsetzung innovativer Raumluftreinigungstechnologien, sind nun als Prototypen verfügbar, ebenso wie Lösungen zur Dekontami- nation von Oberflächen – mittels Bestrahlung, Beschichtung oder mobiler Desinfektionsroboter. Nationale Sichtbarkeit erreichte Fraunhofer auch auf dem Gebiet der Datenanalyse: An den wissenschaftlichen Experten- gutachten der Leopoldina für die Bundespolitik zur Prognose des Pandemieverlaufs hinsichtlich der Infektionsausbreitung sind mathematische Modelliererinnen und Modellierer von Fraunhofer beteiligt. Auch für die Abschätzung von Risiken für einen schweren Verlauf, sogar auf individueller Basis, oder von Folgeerkrankungen nach einer SARS-CoV-2-Infektion steuerten Institutskonsortien mit datengetriebenen Methoden bei. Gemäß ihrem gesellschaftlichen Auftrag, die Innovationsfä- higkeit des Mittelstands auch in Krisen zu stärken, hatte die Fraunhofer-Gesellschaft gleich zu Beginn der Pandemie mit dem Anti-Corona-Programm eine interdisziplinäre Initiative gestartet. Das Spektrum der mehr als 160 Vorhaben, meist in Konsortien umgesetzt, reichte vom Finden neuer Wirkstoffe, der Entwicklung von Diagnoseverfahren, Untersuchungen zu Langzeitfolgen von COVID-19 über Datenmodelle zur Infek- tionsausbreitung bis zu Dekontaminationsmaßnahmen, aber auch dem Wiedererlangen eines »New Normal« in Wirtschaft und Gesellschaft. Im Dezember 2021 konnten zwei Drittel der Projekte abgeschlossen werden. Die vorläufige Auswertung zeigt eine hohe Zielerreichung dieser Vorhaben: Zahlreiche Kooperationen mit Unternehmen, Kliniken, Behörden, Verbänden und NGOs konnten erfolgreich abgeschlossen werden. Bisher liegen dreizehn Patent- und zwei Markenanmeldungen vor, acht Entwicklungen nehmen an Standardisierungsverfahren teil. Energie- und Rohstoffwende für eine klima- freundliche und wettbewerbsfähige Industrie Mit besserer medizinischer Versorgung und gestärktem Mittelstand aus der Krise Schon lange hatten Infektiologen und Virologen vor der Gefahr globaler Pandemien gewarnt. 2019 trat sie erstmalig international auf – und noch 2022 kämpfen wir mit der »Corona- Pandemie« einschließlich all ihrer medizinischen, wirtschaftlichen und nicht zuletzt gesellschaftlichen Folgen. Beispielhaft dafür, wie neuen gesundheitlichen Herausforde- rungen begegnet werden kann, steht ein transdisziplinärer Ansatz zur Entwicklung innovativer Gesundheitslösungen. Dieser vereint neue Diagnostikmethoden (»Diagnostics«), die Forschung zu Arzneimitteln inklusive Impfstoffen (»Drugs«) mit medizintechnischen Lösungen (»Devices«) und Daten in- telligenz (»Data«) im Rahmen des »4D-Konzepts«. Für die schnelle und sichere Entwicklung von wirksamen Impfstoffen oder therapeutischen Wirkstoffen, die einen schweren Verlauf der Krankheit verhindern können, wurden weltweit, auch bei Fraunhofer, bereits zugelassene Wirkstoffe zur Behandlung von COVID-19 geprüft (»Drug Repurposing«). Mehrere Fraunhofer-Projekte identifizierten bereits bekannte Wirkstoffe, die sich nun in klinischen Prüfungen befinden. Eine Infrastruktur für das Austesten und Bewerten von Impf- und Wirkstoffen ist entstanden, neuartige Therapiestrategien wurden entwickelt und Plattformtechnologien mit dem Ziel aufgebaut, das Virus am Eintritt in die Zelle zu hindern, es direkt zu bekämpfen und schließlich die überschießende Immunreaktion zu regulieren. Im Bereich der Diagnostik wurden neue Testsysteme entwi- ckelt und an ersten Patientenproben getestet. Die sogenannte LAMP-Methode kommt der Sensitivität von PCR-Tests sehr nahe, erlaubt aber deutlich schnellere Ergebnisse. Zahlreiche Projekte brachten Verfahren und Geräte hervor, die zu einem verstärkten persönlichen Infektionsschutz und einem besseren Für den Klimaschutz wurden die politischen Rahmenbeding- ungen in Deutschland geschärft: Kohlekraftwerke sollen – wie im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP formuliert – idealerweise bis 2030 vom Netz gehen. Deutschland will hier weltweit Vorreiter sein. Die Politik bewegt sich zwischen den 42

Aus der Fraunhofer-Forschung I Wandel, Werte, Wirkung: Gemeinsam Ideen zu Innovationen machen Als Energieträger kann Wasserstoff die Drehscheibe bilden zwischen den bisher getrenn- ten Energiesektoren Strom, Mobilität und Industrie. Künftige Anwendungen von grünem Wasserstoff liegen in den Grund- stoffindustrien Stahl und Chemie, in der Stromwirtschaft als Speicher und in der Mobilität als Kraftstoff für Flugzeuge, Schiffe und Lkw. Damit die Energie- und Rohstoffwende gelingt, muss Nach- haltigkeit nicht Randbedingung, sondern zentraler Zweck des Handelns sein, an dem alle Aspekte der Wertschöpfung konse- quent ausgerichtet werden. Es gilt also, von einer nachhaltigen Wertschöpfung zu einer Wertschöpfung aus Nachhaltigkeit zu kommen, die attraktive Entwicklungsangebote für Gesell- schaft und Wirtschaft gleichermaßen bietet. So wird etwa die Energiewende erst dann als Erfolg gesehen werden, wenn es gelingt, die damit verbundene Produktion auch in Europa anzusiedeln und auf diese Weise vor Ort Wertschöpfung und Wohlstand zu schaffen. Strukturwandel: Von der Braunkohle zu Wasserstoff Insbesondere Deutschland setzt darauf, die Ziele zu Klima- schutz und Strukturwandel umzusetzen, ohne Wachstum und Wohlstand in den betroffenen Regionen zu gefährden. Fraunhofer unterstützt dies mit einem gesamtheitlichen Ansatz. Das revier-, branchen- und technologieübergreifende Konzept umfasst die Entwicklung von Schlüsseltechnologien der Zukunft, deren innovative Anwendung sowie ein grund- legendes Verständnis des Wandelprozesses durch sozioökono- mische Begleitforschung. In den Kohleregionen Lausitz, Mitteldeutschland, Rheinland und Helmstedt leistet Fraunhofer beispielsweise einen wich- tigen Beitrag zur Weiterentwicklung der traditionsreichen Energietechnologien zu neuen Schlüsseltechnologien wie Wasserstoff. Als Energieträger kann Wasserstoff die Drehschei- be bilden zwischen den bisher getrennten Energiesektoren Strom, Mobilität und Industrie. Künftige Anwendungen von grünem Wasserstoff liegen in den Grundstoffindustrien Stahl und Chemie, in der Stromwirtschaft als Speicher und in der Mobilität als Kraftstoff für Flugzeuge, Schiffe und Lkw. Dank der Kompetenzen in der Anlagentechnik sowie den Techno- logien im Mobilitäts- und Energiesektor verfügt Deutschland über großes Potenzial in der Wasserstoffwirtschaft – gerade in den Strukturwandelregionen. Diese gilt es mit den Know- how-Trägern und Enabler-Technologien für eine Wasser- stoffindustrie zu verknüpfen: Benötigt werden insbesondere Elektrolyseure, Verdichter, Infrastrukturen oder Sensoren. So kann es gelingen, die Technologien schnell zu skalieren und einen wachsenden Markt zu bedienen. Den Leitfaden bilden die Analysen der Fraunhofer-Gesellschaft zu den verschiede- nen Aspekten der Wasserstoffwirtschaft. Als Leuchttürme 44

Aus der Fraunhofer-Forschung I Wandel, Werte, Wirkung: Gemeinsam Ideen zu Innovationen machen Open Access: Lernen aus der Pandemie Dass die weltweite digitale Vernetzung der Wissenschaft einen umfassenden und schnellen Austausch von For- schungsergebnissen gewährleistet, zeigte und zeigt sich besonders in der gegenwärtigen Pandemie: Auch bei Fraunhofer wurde der Forschungsoutput so offen wie bisher noch nie veröffentlicht und verbreitet, um die Erkenntnisse für Forschungsteams weltweit bereitzustellen. Der Aufruf der Weltgesundheitsorganisation im Frühjahr 2020, Veröf- fentlichungen zu COVID-19 öffentlich zu publizieren (»open access«), hat enorm dazu beigetragen, das SARS-CoV-2-Virus besser zu verstehen und Wirkstoffe, z. B. in Form von Impf- stoffen, zu entwickeln. Open Access wird in Deutschland mittlerweile bei jeder zweiten Veröffentlichung erfüllt, schon 2025 wird mit einer Quote von 75 Prozent gerechnet. Damit werden Potenziale in Sachen Zugriff, Sichtbarkeit, Transparenz und vor allem Nachnutzbarkeit von Forschungs- und Innovationsprozessen geschöpft, die zu einer Beschleunigung des wissenschaft- lichen Fortschritts führen können. In allen Forschungsprojek- ten, an denen gesellschaftliche Akteure (»citizen science«) teilnehmen, ist Open Access ein essenzielles Element. Auch Start-ups und mittelständische Unternehmen ohne eigene Forschung und Entwicklung können die Ergebnisse barrierefrei in ihre Innovationsprozesse integrieren. Fragen zu Schutzrech- ten werden hier im Vorfeld geklärt. Diesem Credo folgt die Fraunhofer-Gesellschaft seit Jahren mit dem Grundsatz: »Erst patentieren, dann (offen) publizieren!« Nur durch die Öffnung und gemeinsame Nutzung von Forschungsergebnissen ist es heute und in Zukunft möglich, globalen Herausforderungen wie etwa dem Klimawandel effektiv zu begegnen. Ein vielversprechender Weg, nicht nur aus Fraunhofer-Sicht, ist die Einbindung der Bevölkerung in Forschungs- und Entwick- lungsprozesse. Dies wird unter Begriffen wie Co-Creation, User Insights und Citizen Science diskutiert, aber erst in geringem Umfang praktiziert. Es ist von zentraler Bedeutung, dass die partizipative Erweiterung des Forschungs- und Innovationspro- zesses tiefgreifend und umfassend ist. Partizipation darf dabei nicht einseitig auf »Akzeptanzbeschaffung« zielen, sondern muss sich »Vertrauen verdienen«. In diesem kollaborativen Prozess sind Bürgerinnen und Bürger Anwendende. Sie erleben Produkte und Technologien im Alltag, können Bedürfnisse for- mulieren, über Folgen von Anpassung und Verzicht Auskunft geben und dadurch Entwicklungsrichtungen anstoßen. Durch die Vielfalt der eingebundenen Akteure wird ein ganzheitliches Spektrum von Nachhaltigkeitsaspekten (»planetary needs«) einbezogen. Gleichzeitig ist es notwendig, wissenschaftliche Arbeitsweisen und grundlegende Herausforderungen des wissenschaftlichen Prozesses wie Intersubjektivität, Dialektik und die Vorläufigkeit von Wissen transparent zu machen und der Zivilgesellschaft zu vermitteln (»empowerment«). Ein inten- sivierter Austausch zwischen Bürgerinnen und Bürgern und Wissenschaft kann dazu beitragen, lösungsorientierten Dialog zu fördern. Die Einbindung zivilgesellschaftlicher Akteure in die Prozesse von Forschung, Entwicklung und Innovation ergänzt die eta- blierte Ausrichtung an wirtschaftlichen Bedarfen bei Fraunhofer und begründet eine modern verstandene Anwendungsorien- tierung. An vielen Fraunhofer-Instituten werden bereits die für partizipative Forschungs- und Innovationsprozesse notwen- digen Denkansätze, Kompetenzen und Methoden entwickelt und in Projekten auf unterschiedlichen Forschungsfeldern praktiziert (s. dazu auch S. 114). Der richtige »Kompass« – Kommunikation von Forschung Forschung und Innovation mitgestalten (lassen) – Vertrauen gewinnen Die großen und miteinander verknüpften Herausforderungen unserer Zeit zeigen, dass technologische Lösungen und ein entsprechender Know-how-Zugang nicht ausreichen. Damit Innovationen erfolgreich sein können und Anwendung finden, sind gesellschaftliche Aushandlungsprozesse, Transparenz, Dialog und Partizipation nötig, um das Ver trauen der Nutze- r innen und Nutzer, letztlich der Gesellschaft zu gewinnen. Seit dem Ausbruch der Pandemie beteiligte sich Fraunhofer an mehreren Umfragen, welche das Verständnis und das Vertrauen in Forschung in der Bevölkerung ermittelten. Dabei zeigte das Wissenschaftsbarometer 2021: Nach wie vor liegt das Vertrauen in Wissenschaft und Forschung mit 60 Prozent auf konstant hohem Niveau und legte seit Vor-Pandemie- Zeiten sogar zu. Mehr als zwei Drittel der Befragten (69 Pro- zent) sind der Ansicht, dass politische Entscheidungen auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen sollten. 75 Prozent 46

Aus der Fraunhofer-Forschung I Neue Initiativen und Infrastrukturen Neue Initiativen und Infrastrukturen Neue Einrichtungen Leitmärkte Leistungszentren Initiativen Leitprojekte 48

Aus der Fraunhofer-Forschung I Neue Initiativen und Infrastrukturen Neue Forschungseinrichtungen ab 2022 Die neue Fraunhofer-Einrich- tung in Münster soll mittels neuer Batteriezellformate in großen Stückzahlen die Speicher für die Energie- und Mobilitätswende liefern. Graphik: ARTVISU Artur Krause Fraunhofer-Einrichtung Forschungs- fertigung Batteriezelle FFB Die Forschungsfertigung Batteriezelle FFB ist seit Januar 2022 eine selbstständige Ein- richtung unter dem Dach der Fraunhofer- Gesellschaft. Bislang wurde die Fraunhofer FFB im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geför- derten Projekts »FoFeBat – Forschungsferti- gung Batteriezelle Deutschland« in Münster als Institutsteil des Fraunhofer- Instituts für Produktionstechnologie IPT aufgebaut. Das Projekt FoFeBat ist eingebettet in das Dach- konzept »Forschungsfabrik Batterie« des BMBF, das verschiedene Kompetenzzentren und Cluster zur Batterietechnologie bündelt. Ziel von FoFeBat und damit der Fraunhofer- Einrichtung Forschungsfertigung Batteriezelle FFB ist es, den Innovations- und Kommerzia- lisierungsprozess von Produktionstechnologien für bestehende und zukünftige Batterie- zellformate zu beschleunigen. Damit sollen 50

Aus der Fraunhofer-Forschung I Neue Initiativen und Infrastrukturen 52

Aus der Fraunhofer-Forschung I Neue Initiativen und Infrastrukturen gezielte Entwicklung von Innovationen. Aufgrund langjähriger Erfahrung in der Baubranche sieht sich die Fraunhofer-Allianz Bau als Schnittstelle zwischen Innovationspotenzial und Inno- vationskraft. Gesellschaft. Wirtschaft und Gesellschaft profitieren dabei etwa von besseren Arbeitsabläufen, Zeit- und Kostenerspar- nissen, intelligenten Lösungen in der industriellen Produktion, im Verkehr oder im Gesundheitswesen sowie einen besseren Zugang zu Informationen. Chemische Industrie Die chemische Industrie stellt einen Kernbereich der deutschen Industrie dar. Ob in der Landwirtschaft, der Industrie oder im Privathaushalt: Überall werden Chemikalien benötigt. Zahl- lose Wirtschaftszweige hängen direkt oder indirekt von den Entwicklungen und Produkten der Chemieindustrie ab, die Grundstoffe für viele weitere Wirtschaftsmärkte liefert. Damit hat dieser Leitmarkt auch für die technologische Souveränität Deutschlands und Europas strategische Bedeutung. Er ver- steht sich als Katalysator und Innovationstreiber für wichtige Zukunftsthemen der Branche wie Klimaschutz, nachhaltige Produktion und Ressourceneffizienz. Fraunhofer-Allianz Chemische Industrie Derzeit unterstützen 15 Fraunhofer-Institute in der 2021 gegründeten Fraunhofer-Allianz Chemische Industrie ihre Partner an allen Punkten der Prozesskette vom Rohstoff zum Produkt. Die Fraunhofer-Allianz ist damit ein Wegbegleiter der chemischen Industrie auf ihrem ehrgeizigen Weg zu defossi- lisierten und zirkulären Produktionsprozessen. Dazu bündeln die Institute spezifisches Fachwissen bezüglich chemischer und biotechnischer Prozesse mit dem Wissen um systemische Lösungen für eine erfolgreiche Energie- und Rohstoffwende. Digitalwirtschaft Die Digitalisierung ist ein Wegbereiter für den Fortschritt in Wirtschaft und Gesellschaft: Sie fördert Innovationen, revo- lutioniert Geschäftsprozesse und -modelle, verändert unse- ren Arbeitsalltag und unsere gesellschaftlichen Strukturen. Fraunhofer-Institute gestalten diesen Wandel als Wegweiser und Impulsgeber mit: Sie entwickeln digitale Technologien und Lösungen, begleiten die digitale Transformation durch Technik- folgenforschung, sie beraten Unternehmen und Politik. Mit ihrem Know-how helfen sie, physische Produkte durch digitale Dienstleistungen zu ergänzen und liefern dafür z. B. zusätzliche Sensorik, neue Datenmodelle, intelligente Analyseverfahren oder sichere Infrastrukturen. Künstliche Intelligenz, Maschinelles Lernen, Big Data Ana- lytics und Intelligente Sensorik sind Schlüsseltechnologien und Treiber der digitalen Transformation in Unternehmen und 54 Fraunhofer-Allianz Big Data und Künstliche Intelligenz BIG DATA AI Die Fraunhofer-Allianz BIG DATA AI bündelt die branchen- übergreifende Expertise und jahrelange Erfahrung von über 30 Fraunhofer-Instituten zu den Themen Big Data und Künstli- che Intelligenz (KI). Das Angebot richtet sich an die Wirtschaft, den Staat und die Gesellschaft. Die Allianz begleitet Unter- nehmen auf ihrem Weg zu einer »data-driven company« bei der Umsetzung von Big-Data- und KI-Strategien. Hier werden KI-Anwendungen und -Systeme entwickelt, die transparent, vertrauenswürdig und zuverlässig sind und den europäischen Datenschutzstandards entsprechen. Ein umfangreiches Schulungsprogramm hilft, den wachsenden Bedarf an Expertinnen und Experten für Künstliche Intelligenz und Data Science zu decken. Energiewirtschaft Die Energiewende ist in vollem Gang: Der Umbau unseres Energiesystems ist in vielerlei Hinsicht in unserer Gesellschaft und Wirtschaft sichtbar. Häuser werden zunehmend nachhal- tig gebaut oder saniert, Energiesektoren intelligent gekoppelt, immer mehr Elektrofahrzeuge sind unterwegs. Der Anteil der erneuerbaren Energien – insbesondere Sonnen- und Wind- energie – an der Stromproduktion erreicht mittlerweile fast 50 Prozent. Noch gibt es jedoch Nachholbedarf, vor allem bei der Energieeffizienz und -speicherung sowie beim Einsatz erneuerbarer Energieträger. Damit die Energiewende vollständig gelingen kann, benötigt Deutschland innovative Ideen und Entwicklungen. Fraunhofer- Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler arbeiten u. a. an energieeffizienten Technologien, resilienten Stromnetzen, der intelligenten Vernetzung verschiedener Energiesektoren und der idealen Kombination aus Strom- und Wärmegewinnung auf der einen Seite und deren jeweils bestmöglichen Speiche- rung, Verteilung und Nutzung auf der anderen. Fraunhofer-Allianz Energie Über 2000 Mitarbeitende aus 20 Fraunhofer-Instituten ver- netzen hier ihr Expertenwissen zu einer der größten Ener- gieforschungsinstitutionen Europas, um für ihre Kunden und die Gesellschaft investitionssichere, zukunftsweisende und wettbewerbsfähige Produkte zu entwickeln. Zu den

Aus der Fraunhofer-Forschung I Neue Initiativen und Infrastrukturen Industrie (BDI), dem Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI) oder dem European Aeronautics Science Network (EASN). Fraunhofer-Allianz Aviation and Space Die Allianz Aviation and Space ist die Weiterentwicklung der Allianz Space, in der 17 Fraunhofer-Institute seit 2014 gemeinsam anwendungsorientierte Raumfahrttechnologien erforschen. Die Erweiterung um Luftfahrt-Institute ist der konsequente Schritt hin zu einer noch höheren Sichtbarkeit in der Luft- und Raumfahrtbranche und bietet die Chance, Synergien zu schaffen, gemeinsam FuE-Bedarfe zu adressieren und die Entwicklung der Industrie strategisch mitzugestalten. Die Themen, mit denen sich die Mitgliedsinstitute beschäf- tigen, sind sehr vielfältig und gesellschaftlich relevant. Sie reichen von klimaneutralem und nachhaltigem Fliegen bis zu neuartigen Erdbeobachtungsinstrumenten. Beteiligung von Fraunhofer-Instituten an Weltraummissionen – von den 70er-Jahren bis in die nahe Zukunft: www.space.fraunhofer.de/de/missions.html Mobilitätswirtschaft Die Mobilitätswirtschaft ist traditionell eine zentrale Säule der deutschen und europäischen Wirtschaft, von der zahlreiche andere Branchen direkt oder indirekt abhängen. Innovationen in diesem Technologiebereich spiegeln sich direkt in der Wirt- schaftskraft Deutschlands wider. Damit ist der schnelle Transfer von Forschungsergebnissen eine wichtige Grundlage für die Innovationskraft und den wirtschaftlichen Erfolg. Zu den Zukunftsfeldern der Branche zählen die Elektrifizierung des Antriebsstrangs, die Automatisierung von Fahrfunktio- nen sowie die Vernetzung der Fahrzeuge mit Infrastrukturen, Internet und weiteren Verkehrsteilnehmenden. Der Leitmarkt adressiert zudem umweltpolitische Herausforderungen wie Treibstoff- und CO2-Reduzierung, Elektromobilität oder die Senkung des Materialeinsatzes unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Aspekte. Fraunhofer-Allianz Verkehr Seit 2003 bündeln Fraunhofer-Einrichtungen ihre verkehrsrele- vanten Kompetenzen. Für öffentliche und industrielle Auftrag- geber entwickeln und überführen sie technische und kon- zeptionelle Lösungen in Anwendungen. Durch internationale Forschungsprogramme sind die Mitgliedsinstitute weltweit mit verkehrsrelevanten Wirtschafts- und Forschungsunternehmen vernetzt. 56 Mehr zu den Fraunhofer-Allianzen www.automobil.fraunhofer.de www.bau.fraunhofer.de www.chemie.fraunhofer.de www.bigdata-ai.fraunhofer.de www.energie.fraunhofer.de www.fcm.fraunhofer.de www.gesundheit.fraunhofer.de www.space.fraunhofer.de www.verkehr.fraunhofer.de

Aus der Fraunhofer-Forschung I Neue Initiativen und Infrastrukturen Initiativen für Digitalisierung, Datensouveränität und Quantentechnologien Data Spaces Business Alliance (DSBA) Unter dem Dach der neu gegründeten »Data Spaces Business Alliance (DSBA)« vereinigen zahlreiche europäische und internationale Initiativen und Verbände seit Herbst 2021 ihre Kompetenzen und ihre Schlagkraft: »Gaia-X European Association for Data and Cloud AISBL«, die »International Data Spaces Asso- ciation (IDSA)«, die »Big Data Value Associa- tion (BDVA)« sowie »FIWARE Foundation« wollen gemeinsam die Akzeptanz der Data Spaces europaweit und international voran- treiben. Die »Data Spaces Business Alliance« soll den Weg frei machen für die europäische Datenökonomie. 58 Die DSBA ist die erste Initiative ihrer Art, die die nötigen Industrievertreter zusammen- bringt, um eine datengetriebene Zukunft für Organisationen und Privatpersonen zu realisieren. Datenräume sind eine Schlüssel- technologie für Datensouveränität und damit für das interoperable und vertrauenswürdige Teilen von Daten zwischen Märkten und in der Gesellschaft. Die DSBA kann durch ihre kom- plementär aufgestellten Mitgliedsinstitutionen vielfältige gesellschaftliche und wirtschaftliche Ebenen adressieren und damit das Thema der Datenökonomie mit hoher Diversität treiben – von Technologieförderung und Standardisie- rungen bis hin zur Integration über verschie- dene Industriezweige hinweg. Nachdem demonstriert wurde, dass Daten- räume »gebaut« und geteilt werden können, geht es im nächsten Schritt darum, in großem Maßstab das ökonomische Potenzial des siche- ren Teilens von Daten umzusetzen. Gaia-X- Förderwettbewerb Beim Gaia-X-Förderwettbewerb des Bundes- ministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz wurden Mitte 2021 nach einem zweistufigen Verfahren 16 Gewinnerkonsortien mit über- regionaler, europäischer Strahlkraft zum Aufbau eines Ökosystems auf Basis von Gaia-X ausgewählt, elf davon wurden bereits 2021 bewilligt. Der Wettbewerb zielt auf die Anwendung des Gaia-X-Datenraums. Gesucht wurden vorwettbewerbliche Vorhaben, mit denen konkrete Anwendungsbeispiele ent- wickelt werden können. An ihnen soll die technologische Machbarkeit, die wirtschaft- liche Umsetzbarkeit und Nutzbarkeit von Gaia-X sowie die gesellschaftliche Akzeptanz demonstriert werden. Fraunhofer ist als Partner an sechs Vorhaben beteiligt und übernimmt die Konsortialfüh- rung bei »OpenGPT-X – Aufbau eines Gaia-X Knotens für große KI-Sprachmodelle und innovative Sprachapplikations-Services«. Auf Basis innovativer Sprachtechnologien unter Einbindung von Künstlicher Intelligenz (KI) soll Gaia-X die Grundlage bilden, um skalier- bare Rechenressourcen sowie vernetzte und anwendungsübergreifende Datenräume für große KI-Sprachmodelle bereitzustellen. k c o t S i : k h p a r G i

Aus der Fraunhofer-Forschung I Neue Initiativen und Infrastrukturen werden diese vom Deutschen Forschungszen- trum für Künstliche Intelligenz (Open6GHub), dem Fraunhofer-Institut für Nachrichtentech- nik, Heinrich-Hertz-Institut, HHI (6G-RIC), der RWTH Aachen University (6GEM) und den Technischen Universitäten Dresden und München (6G-Life). ein wesentliches Anliegen. Nutzer- sowie Projektdaten verbleiben zu jeder Zeit in Deutschland, die vertraglichen Regelungen für den Betrieb des Quantencomputers unterliegen deutschem Recht, europäische und deutsche Datenschutzbestimmungen werden eingehalten. Insgesamt sind neun Fraunhofer-Institute an den vier ausgewählten Forschungs-Hubs beteiligt. 6G-RIC unter Leitung des Fraunhofer HHI verfolgt das Ziel, Mobilfunksysteme zu entwickeln, die über alle Technologiegrenzen hinweg offene Schnittstellen verwenden. Im Mittelpunkt steht der Aufbau einer leistungs- fähigen Testinfrastruktur. Auf deren Basis soll die Erprobung neuer Technologiekomponen- ten unter realistischen und offenen Bedin- gungen erprobt werden, um so die direkte Verwertung zu beschleunigen und mittel- fristig den Aufbau eines neuen Ökosystems zu unterstützen. Die 6G-Hubs liefern wesentliche Bausteine für den zukünftigen 6G-Standard. Wichti- ge Entwurfskriterien sind dabei Sicherheit, Kosten- und vor allem Energieeffizienz. Außerdem sollen Konzepte für im Netz ver- teilte Rechenressourcen entwickelt werden, die es ermöglichen, Daten durch kurze Wege zu den Nutzerinnen und Nutzern schneller zu verarbeiten. Als zweiter Teil der Fördermaßnahme wurden im Herbst 2021 die »6G-Indus- trieprojekte zur Erforschung von ganz- heitlichen Systemen und Teiltechnologien für den Mobilfunk der 6. Generation« im Forschungsprogramm für Kommunikations- systeme »Souverän. Digital. Vernetzt.« ausgeschrieben. Kompetenznetzwerk Quantencomputing – IBM Quantum System One Seit Januar 2021 hat Fraunhofer exklusiv Zugriff auf den am Standort Ehningen durch IBM betriebenen Quantenrechner mit 27 supraleitenden Qubits und einem Quanten- volumen von 64. Der IBM Q System One bietet ein geschütztes und sicheres Test- feld: Datensicherheit und Datenlokalität wurden vertraglich, organisatorisch und technisch sichergestellt – das war Fraunhofer Um die anwendungsnahe Forschung zum Quantencomputing voranzutreiben, hat die Fraunhofer-Gesellschaft ein nationales Netzwerk mit regionalen Kompetenzzen- tren, bestehend aus Fraunhofer-Instituten, in sieben Bundesländern gegründet. Das Netzwerk arbeitet eng mit Partnern und Kunden aus Forschung und Industrie zusam- men und bedient ein breites Spektrum an Anwendungsfeldern. Der IBM Q System One ermöglicht eine Vielzahl an Forschungsthe- men: von der essenziellen Algorithmik, der Softwareentwicklung sowie der Gestaltung elementarer Logikoperationen bis hin zur Kontrolle des Quantenprozessors im eigent- lichen Rechenvorgang. Aktuelle Projekte verdeutlichen zum einen die vielfältige Ein- satzmöglichkeit des Systems, zum anderen die enge Zusammenarbeit von Fraunhofer mit Industrie, Universitäten und anderen außeruniversitären Forschungseinrichtungen: In dem von Baden-Württemberg geförder- ten Verbundprojekt »SEQUOIA« beispiels- weise arbeitet Fraunhofer gemeinsam mit verschiedenen baden-württembergischen Universitäten sowie Unternehmen etwa aus Maschinenbau, Logistik und IT am Software- Engineering industrieller, hybrider Quanten- anwendungen und -algorithmen. Im Rahmen des Verbundprojekts »EnerQuant« befassen sich die Projektpartner unter der Leitung des Fraunhofer-Instituts für Techno- und Wirt- schaftsmathematik ITWM in einem interdis- ziplinären Konsortium mit dem Einsatz von Quantencomputing für Optimierungsprobleme aus der Energiewirtschaft. Ziel des Kompetenznetzwerks Quanten- computing ist der Aufbau eines Ökosystems in Deutschland aus KMU, Start-ups und Großindustrie sowie Forschungsorganisa- tionen. Um die technologische Souveränität sicherzustellen, treiben die Beteiligten den Kompetenzaufbau im Bereich Software und Algorithmen sowie bei der Standardisierung und Patentierung voran. »Wir bieten mit unserer Plattform rund um den IBM- Quantenrechner und unserem Kom- petenznetzwerk Quantencomputing allen Unternehmen und Forschungs- einrichtungen die Möglichkeit, diese Zukunftstechnologie aktiv voranzutrei- ben, sich umfassend für das Quanten- Zeitalter zu quali- fizieren und die gewonnenen Fähig- keiten nutzbringend einzusetzen.« Prof Dr-Ing Reimund Neugebauer Präsident der Fraunhofer- Gesellschaft 60

Aus der Fraunhofer-Forschung I Neue Initiativen und Infrastrukturen und Prototypen für Elektrolysestacks und testen die Elektrolysezellen. Auch Unter- suchungen zu den nötigen Röhrenspeichern rund um das Wassermanagement – etwa die Aufbereitung von Meerwasser für die Elektro- lyse – werden bei Fraunhofer durchgeführt. Wie sich der grüne Wasserstoff in synthetische kohlenstoffbasierte Produkte über ein Platt- formkonzept umwandeln lässt, untersucht das Konsortium PtX Wind. Übergeordnete Frage- stellungen und der Dialog mit der Gesellschaft werden bei TransferWind behandelt. Die tech- nisch-experimentellen Arbeiten werden wieder über simulative Betrachtungen und technoöko- nomische Bewertungen zusammengeführt. Das Leitprojekt wird mit 100 Mio € gefördert. TransHyDE Mehrere Hundert Millionen Tonnen Wasser- stoff jährlich werden für den Umstieg auf die Wasserstoffwirtschaft benötigt. Nur ein Teil davon kann in Deutschland produziert werden. Zentrale Fragen des Leitprojekts TransHyDE betreffen deshalb den Transport des Wasserstoffs: Welche Transport-Lösungen eignen sich, um kurze, mittlere und lange Strecken zu überwinden? Wo lassen sich bereits bestehende Gasnetze umwidmen? Welche gänzlich neuen Transport-Technolo- gien sind erforderlich? Am Leitprojekt TransHyDE mit einem Netz- werk von über hundert engeren und assoziier- ten Partnern ist Fraunhofer maßgeblich an vier Forschungsvorhaben beteiligt: der Systemana- lyse, der Schaffung von »Sicherer Infrastruk- tur« mittels Materialerprobung und Sensorik sowie an verschiedenen Speicheroptionen von Wasserstoff – etwa als flüssige organische Wasserstoffträger (liquid organic hydogen carrier, LOHC) oder in Form von Ammoniak. Zudem entsteht auf der Insel Helgoland ein Umsetzungsszenario anhand einer Techno- logieplattform. Dort sollen Pilot- und Insellö- sungen eine großskalige Implementierung von Offshore-Wasserstoffproduktion, -umwand- lung und -verwertung demonstrieren und eine konkrete maritime und landseitige Logistik- kette vorbereiten. Das Leitprojekt wird mit 140 Mio € gefördert. TransHyDE: Die Wasserstoff- wirtschaft benötigt eine geeignete Transport-Infra- struktur. H2Mare Höchst energieeffizient könnte Wasserstoff künftig direkt auf neuartigen Offshore-Wind- energieanlagen produziert werden: Denn die Grundlage, der Strom aus erneuerbaren Ener- gien, kann von Offshore-Anlagen mit einer mittleren Nennleistung von derzeit 5 Mega- watt (MW) geliefert werden, während diese Leistung bei Windrädern an Land lediglich bei rund 3,5 MW liegt. Zudem wären auf See die Kosten für die infrastrukturelle Anbindung günstiger: Wasserstoff oder dessen Derivate würden mit Schiffen oder über Pipelines abtransportiert werden – womit teure Netz- anschlüsse ans Festland entfallen. An diesen Zielen forschen 35 Partner unter Koordination von Siemens Energy und des Fraunhofer-Instituts für Windenergiesysteme IWES. Konzepte, die den Betrieb der Elektro- lyseeinheit direkt in der Turbine vorsehen, entwickeln die Konsortien H2Wind und OffgridWind. Fraunhofer-Institute sind dabei sowohl auf der technischen Ebene – etwa der Integration der Elektrolyseeinheit und der Speicherung des Wasserstoffs – als auch auf der Systemebene und in die Wirtschaftlich- keitsbetrachtung involviert. Sie bringen dazu ihr Know-how bei der Offshore-Wasserstoff- erzeugung ein. H2Mare: Am günstigsten kann grüner Wasserstoff auf See produziert werden. Nötig sind auch PtX-Technologien. Bei H2Wind liegt der Fokus auf dem Ein- satz der PEM-Elektrolyse. Dafür entwickeln Fraunhofer- Institute die Membranmaterialien 62 F B M B s e d g a r t f u A m i h c i l j ü J r e g ä r t t k e o r P : k h p a r G i

Aus der Fraunhofer-Forschung I Neue Initiativen und Infrastrukturen Initiativen im Rahmen des Strukturwandels Fraunhofer-Zentrum Digitale Energie Das Fraunhofer-Zentrum Digitale Energie begleitet den Strukturwandel im Rheinischen Revier. 2021 wurde in Kooperation mit der RWTH Aachen ein Großraumlabor wesentlich erweitert: Mit einem digitalen Leitwarten- raum, mit Leitsystemen und aktueller Kommu- nikationstechnik wie 5G wird die Energieinfra- struktur heutiger und künftiger Netzbetreiber vollständig abgebildet. Mit Industriepartnern arbeiten die Wissen- schaftlerinnen und Wissenschaftler daran, technisch zuverlässige, vor Hackerangriffen sichere und wirtschaftlich attraktive digitali- sierte Energieinfrastrukturen zu schaffen und in den Betrieb zu überführen. 2021 entstand im Förderprojekt »pebbles« des Bundesminis- teriums für Wirtschaft und Klimaschutz eine deutschlandweit einmalige digitale Platt- form für den lokalen Handel in zukünftigen Energieversorgungssystemen auf der Basis von Blockchains. Die entstandenen lokalen Communities rücken nicht nur die Endver- braucher in den Mittelpunkt der Energie- wende, sondern senken auch den Bedarf an Netz ausbau. Beteiligt waren die Siemens AG, die Allgäu-Netz GmbH, die Allgäuer Überland- werke und die Hochschule Kempten. Im EU-Leitprojekt »OneNet« werden Lösun- gen zur europaweiten Harmonisierung und Stabilisierung der Energieversorgung adres- siert. Die zunehmende Dezentralisierung des Stromversorgungssystems fordert Lösungen für Übertragungsnetzbetreiber, Verteil- netzbetreiber und Verbraucher. Mit einem Gesamtbudget von über 28 Mio € und über 70 Partnern umfasst OneNet neben einigen 64 bedeutenden Netzbetreibern auch wichtige IT- Player, führende Forschungseinrichtungen und zwei europäische Verbände für Netzbetreiber. Am Aufbau des Fraunhofer-Zentrums Digi- tale Energie sind die Fraunhofer-Institute für Angewandte Informationstechnik FIT und für Kommunikation, Informationsverarbeitung und Ergonomie FKIE gemeinsam mit Lehr- stühlen aus Energietechnik und Informatik der RWTH Aachen University beteiligt. Fernwärme aus Thermalwasser – von Weisweiler bis Aachen Statt dem Kohlekraftwerk Weisweiler soll im Rheinischen Revier bald Tiefengeothermie nachhaltige Energiegewinnung ermöglichen und so den Strukturwandel unterstützen. Dies legt ein Kooperationsvertrag der Fraunhofer- Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG und RWE fest. In einem Forschungskraftwerk wollen die Part- ner die Wärmegewinnung aus der Tiefe zur Betriebsreife bringen. Mit einem geophysikali- schen Observatorium wird der Untergrund in Weisweiler bezüglich seines Potenzials erkun- det. Über der Erde eröffnet Fraunhofer einen Forschungsstandort für Georessourcen und baut ein Technikum für geothermische Konver- sionstechnologien auf. Untersucht werden alle Aspekte der geothermalen Anlagentechnik: von hochtemperaturfähigen Bohrlochpumpen über marktfähige Prozesse zur Strom-, Wärme- und Kälteerzeugung bis hin zu Betriebs- strategien. Außerdem werden Verfahren zur stofflichen und zur Wärmespeicherung ent- wickelt. 2022 startet eine bis zu 1500 Meter tiefe Erkundungsbohrung in einem EU-Projekt. Später werden eine dreidimensionale, wissen- schaftliche Vermessung des Untergrunds und darauf aufbauend Tiefenbohrungen in bis zu 4000 Meter Tiefe angestrebt. Im Erfolgs- fall kann warmes Thermalwasser gefördert werden. Die Vorteile der Geothermie sind ihre Nachhaltigkeit, Regionalität, Grundlastfähigkeit und der geringe Flächenverbrauch. Mit dem Fernwärmenetz Aachen-Weisweiler ist bereits eine Infrastruktur zur Wärmever- sorgung vorhanden: Schon heute liefert es Fernwärme aus dem Braunkohlekraftwerk Weisweiler u. a. in den Aachener Raum.

Aus der Fraunhofer-Forschung I Neue Initiativen und Infrastrukturen Initiativen für eine verbesserte Gesundheitsversorgung Cluster für personalisierte Medizin im Zukunftscluster Wettbewerb Die »Clusters4Future« als regionale Innovati- onsnetzwerke stellen ein zentrales Element der Hightech-Strategie 2025 der Bundesregierung dar. Die Gewinner des 2019 vom Bundesmi- nisterium für Bildung und Forschung initierten Wettbewerbs um die Zukunftscluster wurden im Frühjahr 2021 verkündet. Seither starteten sieben solcher regionalen Innovationsnetz- werke aus verschiedenen Forschungs- und Innovationsfeldern. In verschiedenen Regionen kooperieren dabei Hochschulen, Forschungs- einrichtungen, Unternehmen sowie gesell- schaftliche und weitere relevante Akteure. Sie sollen in naher Zukunft einen besonderen Beitrag zum Wissens- und Technologietransfer leisten. Unter den sieben Clusters4Future fokussieren zwei mit Fraunhofer-Beteiligung auf neuartige Ansätze in der personalisierten Medizin mit verbesserter Medikamentierung: Die For- schungsthemen sind personalisierte Zell- und Gentherapieverfahren (SaxoCell) sowie neue Ansätze zur Medikamentenentwicklung (PROXIDRUGS). SaxoCell – bezahlbare personalisierte Medizin Das Konsortium im Raum Dresden / Leipzig forscht an neuartigen Zell- und Genthera- peutika und neuen Produktionsmethoden für innovative Therapieansätze: Dabei sollen »lebende Arzneimittel« die Selbstheilungs- kräfte des Körper aktivieren und unter- stützen. So können, beispielsweise in der »Lebende Arzneimittel« zur Aktivierung der Selbst- heilungskräfte des Körpers werden im Reinraum herge- stellt. Foto: Fraunhofer IZI 66 Krebstherapie bei Blut- und Lymphknoten- krebs, gentechnisch veränderte körpereigene Abwehrzellen (CAR-T-Zellen) die Tumorzellen zielgerichtet angreifen und vernichten. Nach ihrer klinischen Erprobung gilt es, solche Zellen mit präzise definierten Funktionen und einem hohen Sicherheitsprofil für die Anwendung im industriellen Maßstab und zu gesellschaft- lich verträglichen Kosten herzustellen, um ein realistisches und tragbares Wirtschaftsmodell mit hohem Wertschöpfungspotenzial in der Region zu ermöglichen. Partner des Konsortiums sind die TU Dresden, die Universität Leipzig, das Klinikum Chemnitz und das Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie IZI, gemeinsam mit Partnern aus Akademie und Industrie. PROXIDRUGS – zelluläre Müllabfuhr überlisten Im Zukunftscluster PROXIDRUGS unter Feder- führung der Goethe-Universität Frankfurt am Main forscht das Fraunhofer-Institut für Trans- lationale Medizin und Pharmakologie ITMP an der Entwicklung von innovativen Therapien für ein breites Spektrum humaner Erkrankungen. Im Zentrum der Aktivitäten steht die Wirk- stoffklasse der »proximity-inducing drugs«: Diese Arzneimittel entfalten ihre Wirkung, indem sie krankheitsrelevante Proteine mit Enzymen in räumliche Nähe (Proximität) brin- gen und diese gezielt für den körpereigenen Abbau markieren. Durch die hohe Spezifi- tät erlaubt dieses Wirkprinzip eine niedrige Dosierung mit geringen Nebenwirkungen und eröffnet dadurch große Vorteile. Die meisten heute verfügbaren Medikamente können durch Einfachbindung ihrer Molekü- le nur 20 Prozent aller krankheitsrelevanten Proteine unschädlich machen. Medikamente, die durch räumliche Nähe aktiviert werden, sollen die bisher unerreichte Proteinmasse und weitere Strukturen adressieren. Die neuartige Wirkstoffklasse der »proximity-inducing drugs« birgt ein hohes Transferpotenzial in die klinische Anwendung und ermöglicht die Ent- wicklung maßgeschneiderter neuer therapeu- tischer Lösungen für Erkrankungen mit hohem medizinischem Bedarf, etwa onkologische, entzündliche, infektiöse, kardiovaskuläre und neurodegenerative Erkrankungen.

Aus der Fraunhofer-Forschung I Neue Initiativen und Infrastrukturen Leitprojekte Beginnende Leitprojekte NeurOSmart – HPC-Power im Sensorsystem Das Konsortium von NeurOSmart will die Integration von effizienten und neuromorphen HPC-Beschleunigern in Sensorknoten realisie- ren und nutzt dazu ein Hardware-/ Software- Codesign. Als Demonstrator-Plattform wird ein vorhandenes, offenes Fraunhofer-LiDAR- System für die Mensch-Roboter-Kooperation angepasst. Das Projekt adressiert den Bedarf an Indus trie- 4.0-fähigen Sensorlösungen, insbesondere für die europäische Fabrik- und Logistikauto- mation. Dort werden zunehmend autonome mobile Roboter und fahrerlos geführte Fahr- zeuge eingesetzt. Die nötige Rechenkapazi- tät in der Sensorperipherie solcher Geräte wird Prognosen zufolge in weniger als zehn Jahren jener eines Supercomputers von heute entsprechen. Die größten Herausforderungen für den Einsatz von Hochleistungsrechnern in mobilen Systemen liegen in der Skalierbarkeit der Architektur, einer hinreichenden Über- tragungsbandbreite zwischen Sensor und Datenverarbeitung sowie in der Minimierung des Energiebedarfs. NeurOSmart setzt auf die Entwicklung eines neuen Standards für intelligente Sensorsyste- me. Durch deren maßgeschneiderte, hybride Computing-Architektur werden viele Sensor- rohdaten bereits direkt im Sensor verarbeitet. Die Dateninterpretation in Form einer Objekt- erkennung und -klassifizierung wird durch einen analog neuromorphen HPC-Chip mit einer KI-gestützten Vorverarbeitungspipeline Bei NeurOSmart entstehen neuromorphe HPC-Beschleu- niger für Industrie-4.0-Sen- sorlösungen. Bild: Fraunhofer ISIT / Concrete Brandbuilding 68 realisiert. Vorteile: Dadurch werden aufwen- dige Kommunikations- und Edge-Computing- Infrastrukturen überflüssig, Angriffsmög- lichkeiten auf das System verringern sich. Durch diesen kombinierten Ansatz und das Co-Design soll eine Energieeffizienz-Steige- rung der Datenverarbeitung um mindestens zwei Größenordnungen erreicht werden. Federführung: Fraunhofer-Institut für Silizium- technologie ISIT RNAuto – mRNA-Therapeutika automatisiert produzieren Innovative Arzneimittel wie neuartige Impf- stoffe oder Gen- und Zelltherapeutika auf Basis von mRNA sollen künftig in einem bezahlbaren Gesundheitssystem einer Vielzahl von Patientinnen und Patienten zur Verfü- gung stehen. Dafür werden automatisierte Produktionstechnologien benötigt, die sicher und zuverlässig nach den hohen Anforde- rungen für Arzneimittel (GMP-Zertifizierung) produzieren. Um einen KI-gesteuerten, digital kontrollierten und automatisierten Produk- tionsprozess im Sinne von Industrie 4.0 zu erarbeiten, bündelt das Konsortium interdis- ziplinäre Kompetenzen aus Medizin, Biologie und Ingenieurwissenschaften. Die Projektpartner setzen auf zwei Wirkstoff- kandidaten, um die Prozessautomatisierung zu demonstrieren: Dies ist zum einen ein mRNA- Impfstoff zur Prophylaxe gegen die auch in Europa heimisch werdende West-Nil-Virus- Erkrankung, zum anderen sind es mRNA- induzierte Gentherapeutika gegen Krebs- erkrankungen, die auf natürlichen Killerzellen (NK-Zellen) gesunder Spender basieren. Das Konsortium entwickelt eine automatisierte Screening-Anlage für die zügige Prozessent- wicklung von mRNA-Nanotransportern mit digitalem Abbild zur Prozesssteuerung und Qualitätskontrolle sowie ein Expansionsmodul mit integrierter Qualitätskontrolle für die Her- stellung allogener Gen- und Zelltherapeutika. Biologische Schlüsselherausforderungen liegen in der grundsätzlich eingeschränkten Stabilität von mRNA-Molekülen und in der korrekten Verkapselung der mRNA in Lipidnanotrans- porter. Ein besonderer Schwerpunkt der Forschungsarbeiten umfasst die industrielle

Aus der Fraunhofer-Forschung I Neue Initiativen und Infrastrukturen eine vorausschauende Wartung und können so einen Beitrag zu einer nachhaltigeren Luftfahrt leisten. Auch neue Energiequellen wie Wasserstoff können dadurch einfacher genutzt und hergestellt werden. Die entwickelten Demonstratoren trotzen Feuchtigkeit, Vibration, Druck, aggressiven Medien und sie bleiben bei einer Tempe- raturspanne von –40 °C bis zu 300 °C voll funktionstüchtig. Im Gegensatz zu bisherigen konventionellen Systemen können die Signale unter diesen extremen Bedingungen am Ort der Messung nicht nur aufgenommen, sondern auch vernetzt und (vor-)verarbeitet werden. Die Temperaturspanne der Sensoren – etwa im Flugzeug-Triebwerk oder in einer Gasturbine – umfasst über 300 °C: das Dop- pelte dessen, was konventionelle Sensoren heute typischerweise leisten können. Das Konsortium vereinigt Wissen um Werk- stoffe, Aufbau- und Verbindungstechnik, hochtemperaturstabile integrierte Schal- tungen, Sensoren, Materialdiagnostik und Testverfahren bis hin zu Zuverlässigkeitsana- lysen und Modellierungen. Die entstandenen Teststände simulieren etwa den Einsatz des Sensorsystems an einem Flugzeug-Triebwerk nach NATO-Richtlinien oder die Widerstands- fähigkeit von Elektronik und Sensorik bei bis zu 2000 bar und 200 °C. Auch ein MEMS- basierter Ultraschallsensor (CMUT) für den Ein- satz bei Geothermie-Bohrungen ist entstan- den. Er kann während einer Bohrung durch den Bohrschlamm hindurch die Gesteinswand in einigen Zentimeter Abstand sicher erken- nen. Als weitere Anwendungsfelder sollen mit Blick auf Industrie 4.0 industrielle Prozesse wie Umform- und chemische Prozesse erschlossen werden. Federführung: Fraunhofer-Institut für Mikro- elektronische Schaltungen und Systeme IMS ML4P – Machine Learning for Production Mit Maschinellem Lernen (ML) bei komple- xen Produktionsanlagen die Leistung und (Ressourcen-)Effizienz erhöhen: Dies war das Ziel von »ML4P – Machine Learning for Production«. Erstmalig entwickelte das Kon- sortium ein toolgestütztes Vorgehensmodell, Neuartige Sensorsysteme, die Feuchtigkeit, Vibration, Druck und einer Temperaturspanne von –40 °C bis 300 °C stand- halten. Foto: Fraunhofer IMS 70 vernetzte Produktion den Betriebszustand von Maschinen, Motoren oder Pumpen. Der IoT-Knoten hilft besonders bei Maschinen mit Drehmotoren, Leerlaufzeiten für einen geringeren Energiebedarf zu nutzen. Mit- hilfe des Sensorknotens fährt die Maschine nach Bedarf hoch und herunter und steuert exakt die jeweilige Bedarfsdrehzahl. Möglich wird dies durch Messtechnik und innovative Leistungselektronik. Die Anwendungsbereiche für derartige Sen- soren reichen von der Landwirtschaft über die fertigende Industrie bis hin zu ganzheitlichen Systemen für ein effektives und nachhaltiges Internet der Dinge. Federführung: Fraunhofer-Institut für Zuver- lässigkeit und Mikrointegration IZM eHarsh – Sensorik unter Extrembedingungen Im Leitprojekt eHarsh entwickelte ein Fraunhofer- Konsortium Sensorsysteme für den Einsatz in extrem rauen Umgebungen. Die neuartigen, robusten Sensorsysteme erlauben u. a. einen effizienteren und sichereren Betrieb von sensorgestützten Triebwerken, Turbinen, (Off- shore-)Windkraftanlagen oder Geothermie- anlagen. Zudem ermöglichen sie durch eine kontinuierliche Überwachung von komplexen Verschleißteilen wie Flugzeug-Triebwerken

Aus der Fraunhofer-Forschung I Projekte und Ergebnisse 2021 Projekte und Ergebnisse 2021 72

Aus der Fraunhofer-Forschung I Projekte und Ergebnisse 2021 Grünes Methanol aus Leuna Synthetische Kraftstoffe für den Verkehr Der größte Methanolproduzent Europas, TotalEnergies, testet zusammen mit dem Elektrolyseur-Hersteller Sunfire und Fraunhofer die Herstellung von Methanol aus kohlenstoffarm produziertem Wasserstoff und abgetrenntem Kohlendioxid. Ein wichtiger Schritt zur Reduzierung klimaschändlicher Treibhaus- gasemissionen, insbesondere in der Grundstoffchemie. Das Konsortialprojekt e-CO2Met zielt darauf ab, das Zusam- menspiel von drei innovativen Prozessen zu testen: Genutzt wird das CO2 aus der Raffinerie von TotalEnergies, der grüne Wasserstoff wird mit dem 1-Megawatt-Hochtemperatur-Elek- trolyseur von Sunfire mit einem Wirkungsgrad über 80 Prozent erzeugt, und die anschließende Methanolsynthese findet auf der Fraunhofer-Skalierungsplattform Hy2Chem statt. TotalEnergies erkundet in dem Projekt die CO2-Abscheidung und -Speicherung für die wirtschaftlich sinnvolle Wiederver- wendung von CO2, indem das Treibhausgas mithilfe erneuerba- rer elektrischer Energie in Methanol umgewandelt wird. Das so erzeugte Methanol kann bereits als E-Fuel betrachtet werden und Erdöl oder -gas in der chemischen Industrie ersetzen. Darüber hinaus soll das synthetisch erzeugte Methanol als Aus- gangsstoff für eine weitere Veredelung, etwa zu nachhaltigen Flugzeugtreibstoffen, genutzt werden. Die Herstellung des synthetischen Methanols wird erstmals im Fraunhofer Hydrogen Lab im Chemiepark Leuna mit der Ska- lierungsplattform Hy2Chem im großen Maßstab erprobt: Der Teststand ist vollständig in ein Infrastrukturnetz der ansässigen Chemieindustrie integriert und ermöglicht Power-to-X-(PtX-) Prozesse, indem etwa Wasserstoff in das Pipeline-System des Kooperationspartners Linde eingespeist wird. Am Hydrogen Lab und an der Hy2Chem-Plattform sind das Fraunhofer-Zen- trum für Chemisch-Biotechnologische Prozesse CBP und das Fraunhofer-Institut für Windenergiesysteme IWES beteiligt. Vor allem die Verwendung von Wasserstoff als Chemierohstoff bietet für den bestehenden Chemiestandort Leuna Potenziale, um den Strukturwandel zu gestalten und eine Wasserstoffwirt- schaft in Deutschland und Europa aufzubauen. Auch Verkehrsmittel wie Schiffe oder Flugzeuge müssen künftig klimaneutral betrieben werden, sind jedoch schwer auf elektri- schen Antrieb umzustellen. Synthetische Treibstoffe (SynFuels) helfen, die CO2-Emissionen zu reduzieren, indem das bei der Fortbewegung emittierte CO2 zuvor anderen, unvermeidbaren Quellen entnommen wurde. In Summe werden so deutlich weniger Treibhausgase freigesetzt. Für eine nachhaltige Mobilität der Zukunft arbeiten unter Federführung des Branchennetzwerks DECHEMA 37 Partner an einem Gesamtkonzept für die Einführung nachhaltiger SynFuels. Sie entwickeln nachhaltige Syntheseverfahren einschließlich der Hochskalierung und untersuchen die motorischen Eigen- schaften und Emissionen dieser zukünftigen Kraftstoffe, damit herkömmliche Diesel- und Ottomotoren schnell umgerüstet werden können. Das Fraunhofer-Institut für Solare Energie- system ISE forscht an der Skalierung zur Herstellung von Oxy- methylenethern (OME3-5) bis in den Maßstab von einer Million Tonnen jährlich. Dabei ist es entscheidend, die Einzelschritte der OME-Synthese, beginnend bei »grünem« Wasserstoff/ Methanol bis zur Produktion eines normgerechten Kraftstoffs, in einen hocheffizienten Gesamtprozess zu integrieren. Ein Bewertungsverfahren wurde erstellt, um Energieeffizienz, Wirt- schaftlichkeit und CO2-Fußabdruck zu beurteilen – und den aus- sichtsreichsten Prozess zu identifizieren. Das Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT ist beteiligt an Eignungsunter- suchungen zur Verträglichkeit von synthetischen Kraftstoffen bzw. Gemischen für diverse kraftstoffführende Komponenten. Die entwickelten Testmethoden sollen aussagekräftig sein, was die chemische Dauerbeständigkeit von Werkstoffen gegenüber den neuartigen Kraftstoffen anbelangt. Eine Reduzierung von CO2 im Verkehr wird dann möglich, wenn der synthetische Kraftstoff unter Zugabe von CO2 auf Basis von grünem Wasserstoff produziert werden kann. Oxymethylen- ether weisen gute Verbrennungseigenschaften auf und können zudem die lokalen Emissionen wie Stickoxide und Ruß signi- fikant reduzieren. Sie sind ungiftig, verfügen über eine hohe Cetanzahl für den effizienten Betrieb von Dieselmotoren und sind gut kompatibel mit der vorhandenen Infrastruktur. 74

Aus der Fraunhofer-Forschung I Projekte und Ergebnisse 2021 Ressourceneffizienz und Klimatechnologien So geht Klimaneutralität 2045 2021 veröffentlichte das ARIADNE-Projekt den ersten umfangreichen Szenarienreport »So geht Klimaneutralität 2045« mit Transfor- mationspfaden im Modellvergleich. Die Studie von mehr als 50 Forschenden verschiedener Institute belegt: Die Stromerzeugung aus Wind und Sonne müsste bis 2030 etwa drei- mal größer sein als 2020. Dann könnte der wichtige Ausstieg der Kohlestromerzeugung bereits um 2030 erfolgen, wodurch erheb- liche Mengen CO2 eingespart werden können. Zusätzlich sind erhebliche Kraftanstrengun- gen in den Sektoren Industrie, Gebäude und Verkehr nötig. Die Forschenden analysierten sechs verschie- dene Szenarien zur Erreichung der Klimaziele, mit vier Technologieschwerpunkten: direkte Elektrifizierung, Wasserstoff, synthetische E-Fuels wie Methan und einen Energiemix. Ihr Resümee: Schnelle Investitionen sind nötig, ebenso ein Austausch von Anlagen, bevor diese ihr Lebenszeitende erreicht haben. Eine stärkere Defossilisierung der Energiewirtschaft bis 2030 ist kostengünstiger als der im Klima- schutzgesetz 2021 vorgesehene Transfor- mationspfad. Die direkte Elektrifizierung des Energieverbrauchs ist für das Erreichen der Klimaziele zentral. In den ARIADNE-Zielszenarien steigt der Anteil der Elektrizität an der Endenergie von 18 Prozent 2019 bis 2045 auf 40 bis 69 Prozent. Zusätzlich zur direkten Elektrifizie- rung trägt die indirekte Elektrifizierung über Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe zwi- schen 8 und 37 Prozent zur Endenergie bei. Bisherige Energiequellen der Industrie müssen durch nachhaltige Alternativen wie Strom aus erneuerbaren Energien oder Wasserstoff ersetzt werden. Für die Wärmewende muss bis 2030 die jährliche Sanierungsrate auf 1,5 bis 2 Prozent steigen, 5 Millionen Wärme- pumpen müssen installiert und etwa 1,6 Mil- lionen Gebäude neu an das Fernwärmenetz angeschlossen werden. Im Verkehrssektor hat die direkte Elektrifizierung vorerst das größte Treibhausgas-Minderungspotenzial. ARIADNE ist eines der vier Projekte im Rahmen der Kopernikus-Förderlinie des Bundesministeriums für Bildung und For- schung. Im Konsortium ist der Fraunhofer Cluster of Excellence Integrated Energy Systems CINES eines der Mitglieder. k c o t S i : o t o F Um Klimaneutralität zu erreichen, muss die Strom- erzeugung aus Wind und Sonne steigen. 76

Aus der Fraunhofer-Forschung I Projekte und Ergebnisse 2021 links: Schema von Agri-Photo- rechts: Synthetische, mit voltaik einschließlich Regen- grünem Wasserstoff herge- wassergewinnung in Mali. stellte Brenn- und Kraftstoffe Produktion von Solarstrom sowie die Regen- wassergewinnung und -speicherung über das Solaranlagensystem. Graphik: Fraunhofer ISE reduzieren die CO2-Emissio- nen. Geeignete Standorte für deren Herstellung zeigt der globale PtX-Atlas im Internet. von erneuerbarem Strom stets Priorität haben, mahnen die Forschenden. Der PtX- Potenzial atlas entstand im Rahmen des vom Bundes umweltministerium geförderten Projekts DeV-KopSys. Untersucht werden Energiesektor-übergreifend verträgliche Ent- wicklungspfade für den Verkehr. Agri-Photovoltaik: Sonne, Regen und Land in Westafrika besser nutzen Seit Längerem entwickelt das Fraunhofer-In- stitut für Solare Energiesysteme ISE Konzepte für die Doppelnutzung von Land, indem Landnutzung und Photovoltaik kombiniert werden, kurz: Agri-PV. Ein internationa- les Konsortium aus Deutschland, Mali und Gambia untersucht seit 2020 nun sogar die dreifache Landnutzung in Westafrika: Diese umfasst den Anbau von Nahrungsmitteln, die 78 In Mali wird ein Demonstrator mit integrier- tem Wassermanagement aufgebaut. Indem die Solarmodule V-förmig aufgestellt werden, sammeln sie Regenwasser und leiten dieses über hohle Pfosten in der Unterkonstruktion in einen Wassertank. Damit sollen Schwankun- gen im Regenvorkommen und den damit verbundenen landwirtschaftlichen Anbaumög- lichkeiten ausgeglichen werden. Das lokale Grundwasservorkommen wird geschont, gleichzeitig könnten die Erträge durch die stabile Wasserbereitstellung steigen. In Gambia werden die vier geplanten Demons- tratoren regional so angepasst, dass sie mit bewässertem Reisanbau oder mit Systemen zur Regenwassernutzung kombiniert werden. Der erzeugte Strom soll je nach Bedarf den Einsatz von Wasserpumpen, Getreidemühlen, Kühlkammern sowie Geräten zur Verarbeitung der Ernte ermöglichen. Das internationale Konsortium vereint FuE- Aktivitäten der Agrarwissenschaft, Sozioöko- nomie und Solarenergie und will durch die Errichtung von Agri-PV-Anlagen die Energie für Mehrwertdienste in den lokalen Gemein- den liefern. Im Rahmen der ökonomischen Forschungsaktivitäten sollen gemeinwohl- orientierte Finanzierungmodelle für die lokale Bevölkerung entstehen. Die gesammelten Einnahmen aus den Systemen werden für die Rückerstattung der Investitionsanteile und für die Instandhaltung der Anlagen verwendet.

Aus der Fraunhofer-Forschung I Projekte und Ergebnisse 2021 Das Projekt »eBioCO2n« ent- wickelt Technologien, die der Photosynthese nachempfun- den sind. zur Reduktion von Treibhausgasemissionen sind klimaneutrale synthetische Biokraftstoffe und Chemierohstoffe, z. B. aus biogenen Abfallstoffen. Ein bedeutender Schritt ist Fraunhofer-For- schungsgruppen bei der Erschließung dieser Rohstoffquellen gelungen. Mit einem ther- mochemischen Konversionsverfahren, dem Thermo-Catalytic Reforming (TCR®-Techno- logie) lässt sich aus vielen Abfallstoffen ein Öl erzeugen, das einem fossilen Rohöl ähnelt. Es weist einen hohen Heizwert und sehr niedrige Säurewerte auf, zudem ist es thermisch stabil. In Raffinerien lässt es sich zusammen mit mineralischem Rohöl verarbeiten oder dezen- tral zu Produkten wie Benzin, Diesel oder zu Treibstoff für den Flugverkehr aufbereiten. Die entstehenden Dämpfe werden weiter veredelt, um die Gasausbeute und die Quali- tät zu verbessern. Bei der anschließenden Kondensation werden Öl und Prozesswasser getrennt. Das verbleibende Gas wird gereinigt. Das Projekt »Nutzung biogener Reststoffe« gehört zum größten Fraunhofer-Konsortial- projekt für die Bioökonomie: »Evolutionäre bioökonomische Prozesse EVOBIO – Integra- tive Nutzung von Stoffströmen zur Herstel- lung optimierter Materialien für innovative Produkte in bioökonomischen Prozesskreis- läufen«. Die Förderung erfolgte im Rahmen des Fraunhofer-Innovationsprogramms. CO2-reduzierte Herstellung von Feinchemikalien mit Enzymen Im Projekt »Nutzung biogener Reststoffe« wurde das Bioöl aus Klärschlamm oder aus Agrarreststoffen hergestellt: Aus den bisher als Abfall deklarierten Reststoffen werden so klimaneutrale Wertprodukte. Neben dem Öl entstehen eine stabile Biokohle und ein Syn- thesegas. Dieses kann an Fraunhofer-Anlagen in Sulzbach-Rosenberg und Straubing kata- lytisch zu Methanol umgewandelt werden. Für die chemische Industrie bedeutet der Rohstoffwandel den weitgehenden Verzicht auf fossile Rohstoffe. CO2 spielt künftig als Baustein zur Herstellung von Chemikalien eine wichtige Rolle. Ein interdisziplinäres Forschungsteam in Straubing und Marburg entwickelt in seinem Projekt »eBioCO2n« Technologien, die der Photosynthese nach- empfunden sind. Bei der TCR®-Technologie wird die Bio- masse in einem kontinuierlich arbeitenden Schneckenreaktor unter Sauerstoffabschluss in feste und flüchtige Bestandteile zerlegt. Dabei werden biokatalytische Reaktionen mit Strom angetrieben, um CO2 über sogenann- te Kaskadenreaktionen für die Herstellung wertvoller Chemikalien wie Aminosäuren k c o t S i : o t o F 80

Aus der Fraunhofer-Forschung I Projekte und Ergebnisse 2021 Intelligente Medizin Magnetische Miniroboter für körperschonende Behandlungen Forschungsteams der Fraunhofer-Einrichtung für Individualisierte und Zellbasierte Medizin- technik IMTE und der Universität zu Lübeck entwickeln winzige schwimmende Roboter. Diese lassen sich mit magnetischer Steuerung zu ihren Wirkungsorten im Körper führen: Dort geben die Mini-U-Boote dann gezielt Medikamente ab, etwa für Chemotherapien, oder sie führen schonende Eingriffe an schwer zugänglichen Bereichen durch. Gemeinsam mit radiologischen Fachkräften aus verschiedenen Bereichen des Universitäts- klinikums Schleswig-Holstein gelang es den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, einen solchen Mikroroboter mithilfe von Magnetfeldern durch ein Modell der mittleren menschlichen Hirnarterie zu einem Aneurysma zu steuern. Die Originalarbeit wurde im Juli 2021 in »Scientific Reports« veröffentlicht. Der additiv gefertigte, mit magnetischen Nanopartikeln beschichtete Mikroroboter wurde am Institut für Medizintechnik der Universität zu Lübeck hergestellt. Rotierende magnetische Felder bewirken dessen Drehung und Vorwärtsbewegung. Für die Visualisierung des Mikroroboters ver- wenden die Forschungsteams der Fraunhofer IMTE und der Universität zu Lübeck eine tomographische und echtzeitfähige Magnet- partikelbildgebung, basierend auf der magnetischen Nanopartikel-Beschichtung. Diese Magnetfelder sind für den Körper unbedenklich, es ist keine Strahlung nötig. Magnetfelder als theranostische Methode eröffnen eine Vielzahl neuer Anwendungen. Künstliche Intelligenz hilft bei Automatisierung in der Medizin Personalisierte Medikamente wie modifi- zierte Stammzelltransplantate oder Zell- und Gentherapeutika (ATMPs – Advanced Therapy Medicinal Products) eröffnen bei komplexen Krankheiten neue Behandlungschancen. Gegen bestimmte Krebsarten etwa werden bereits gentechnologisch veränderte T-Zellen oder Lymphozyten (CAR-T- oder CAR-NK-Zel- len) erfolgreich eingesetzt. Allerdings sind die überwiegend manuelle Herstellung und die begleitende Qualitätskontrolle dieser Thera- peutika aufwendig und teuer. Das limitiert die Verfügbarkeit innovativer Therapeutika perspektivisch bislang noch stark. Ein Vorstoß in Richtung Automatisierung wurde nun bei der Qualitätskontrolle erzielt: Eine KI-unterstützte Durchflusszytometrie erkennt mit einer Sicherheit von 98,6 Pro- zent bereits die unterschiedlichen Lymphozy- ten-Typen (B-Zellen, CD4-und CD8-positive T-Zellen, Killerzellen) im Blut von zu behan- delnden Personen. Im nächsten Schritt wird die Qualitätskontrolle des ATMP Palintra® bzw. Palixizumab® per KI vorangetrieben. Das Zell- produkt dient zur Prävention von Abstoßungs- reaktionen bei Stammzelltransplantationen. Das Vorhaben »AIControl« wird im Fraunhofer- Förderprogramm »KMU akut – Forschung für Der Mikroroboter ist 3 Milli- meter lang und 1,2 Millimeter im Durchmesser. Damit ist er kleiner als ein Reiskorn. Foto: Anna Bakenecker 82

Aus der Fraunhofer-Forschung I Projekte und Ergebnisse 2021 Für die inhalative Gabe wird das Arzneimittel fein verne- belt (hier mithilfe von grünem Licht sichtbar gemacht) – es kann so direkt an seinen Wirkungsort in die Atemwege und Lunge gelangen. Foto: Fraunhofer ITEM / Ulrich Froriep Beteiligt am Förderprojekt des Bundes- ministeriums für Bildung und Forschung waren neben der Projektgruppe Wirtschafts- informatik des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Informationstechnik FIT das Universitätsklinikum Augsburg, das Klini- kum Bayreuth, die Technische Hochschule Ingolstadt und das auf IT-Lösungen für Krankenhäuser spezialisierte Software-Unter- nehmen POLAVIS. Gesucht: Medizin gegen COVID-19 Eine Möglichkeit, im Kampf gegen die Pandemie schneller medizinische Hilfsmittel zu entwickeln, bietet Drug Repurposing: der Einsatz bereits für andere Zwecke zugelasse- ner Therapeutika. Mehrere Fraunhofer-For- schungskonsortien suchen mithilfe der Drug- Repurposing-Wirkstoffbibliothek aus etwa 5600 Substanzen am Discovery Research ScreeningPort, dem Hamburger Standort des Fraunhofer-Instituts für Translationale Medizin und Pharmakologie ITMP, nach vielverspre- chenden Wirkstoffen. Ein hochwirksames Therapeutikum für den frühen Einsatz bei COVID-19 wäre trotz verfügbarer Impfungen weiterhin sehr wichtig. Denn neben Impf- durchbrüchen besteht auch das Risiko der Ausbildung weiterer SARS-CoV-2-Varianten, gegen die die verfügbaren Impfstoffe weniger wirksam sein könnten. Eine hohe Wirksamkeit beim Schutz vor Zellschädigung durch das Virus SARS-CoV-2 erzielt der Proteaseinhibitor Nafamostat. Der durch Nafamostat beeinflusste Mechanismus spielt für den Eintritt von SARS-CoV-2 in die Wirtszelle und deshalb insbesondere im frühen Krankheitsverlauf von COVID-19 eine wichtige Rolle. Das seit 1986 in Japan zugelassene synthetische Medikament wird bisher vor allem gegen Entzündungen der Bauchspeicheldrüse und gegen akute Throm- benbildung eingesetzt. Bei der SARS-CoV-2- Infektion hemmt der synthetische Wirkstoff die menschliche Protease TMPRSS-2, welche das Virus für den erfolgreichen Eintritt in die Wirtszelle benötigt. Ein Konsortium forscht nun daran, Nafa- mostat in Mikropartikeln oder Liposomen zu verpacken, um das Therapeutikum für die Inhalation oder das gezielte Ansteuern der Atemwege nach einer Injektion zu modifizie- ren: Denn je näher der Wirkstoff in die Nähe der infizierten Körperstellen gelangt, desto höher die Wirksamkeit und desto geringer die zu verabreichende Menge. Damit sinkt auch das Risiko für Nebenwirkungen. Gleichzeitig entwickelt Fraunhofer einen »smarten« Inha- lator, der die Atembewegung für die Freiset- zung des Wirkstoffs ausnutzt. Bei der Suche nach einer Medizin gegen COVID-19 kooperieren Forschungsgruppen von sieben Fraunhofer-Instituten in verschie- denen Vorhaben – weltweit und national – mit der Wissenschaftsgemeinschaft: Im Förderprojekt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung RENACO mit Helmholtz-Instituten, im internationalen Fraunhofer-Förderprojekt iCAIR® und im Fraunhofer-Anti-Corona-Progamm bei den Projekten DRECOR und BEAT-COVID. In mehreren Projekten wird das Bauch- speicheldrüsen- Medikament Nafamostat auf seine Wirksam- keit gegen das Coronavirus untersucht. 84

Aus der Fraunhofer-Forschung I Projekte und Ergebnisse 2021 Testphase einer Ampelanlage in Lemgo-Lüttfeld. Foto: Fraunhofer IOSB Fraunhofer macht Ampeln intelligent Um 10 bis 20 Prozent könnte der Verkehrs- fluss auf Straßen durch Künstliche Intelligenz (KI) verbessert werden. Damit ließe sich auch der Schadstoff-Ausstoß verringern – um bis zu 30 Prozent. Zu diesem Ergebnis kamen 2021 Erprobungs- und Simulationsphasen in Lemgo mit »intelligenten Ampeln«. Die neuartigen Lichtsignalanlagen sammeln nicht nur Informationen über das aktuelle Verkehrsaufkommen mit Radartechnolo- gie, Kameras oder Sensoren wie bisherige moderne Ampeln. Sie nutzen zudem die Technologie des bestärkenden Lernens (»reinforcement learning«). Dabei lernt der Algorithmus durch viele tausend Wieder- holungen, welche Phasenfolge einer Ampel in einer Simulation des Kreuzungsverkehrs zum optimalen Verkehrsfluss führt. Anders als bisherige Ampelanlagen kann KI Regel- mäßigkeiten erkennen und Schlüsse für kommende Verkehrslagen ziehen. Auch Ein- satzfahrten von Rettungsfahrzeugen könn- ten durch diese neue Technologie optimiert werden. Die Testphasen in Lemgo wurden vom Hersteller für Verkehrstechnik Stührenberg und einem Team des Fraunhofer-Instituts für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB am Institutsteil für industrielle Automa- tion in Lemgo durchgeführt. Im Herbst 2021 starteten zudem Untersuchungen zur Lenkung von Fußgängerströmen durch Ampeln. Neben Lemgo stellen derzeit auch Städte wie Köln oder Wuppertal auf ein adaptives, umweltsensitives Echtzeit-Verkehrsmanage- ment um. Das Forschungsvorhaben des Lem- goer Institutsteils des Fraunhofer IOSB birgt jedoch eine Neuerung in der Verkehrstechnik: Die Erprobung eines Reinforcement-Learning- Agenten für eine Ampelsteuerung unter realen Bedingungen ist neu in der gegen- wärtigen Forschungslandschaft. In den Wintermonaten 2021/22 konnte der Realbetrieb aufgenommen werden. Dazu wurde die Testampel mit einem zusätzlichen Schaltkasten aufgerüstet. Er enthält eine WLAN-Verbindung zwischen Sensoren und dem ebenfalls installierten Edge Computer. Auf diesem laufen die Optimierungs-Algorith- men der Ampelsteuerung. k c o t S i : o t o F 86

Aus der Fraunhofer-Forschung I Projekte und Ergebnisse 2021 Quantentechnologien Erste quantengesicherte Verbindung zwischen Bundesbehörden realisiert Im August gelang ein Meilenstein der Quan- tentechnologieforschung: Im Rahmen einer Pressekonferenz wurde erstmals öffentlich in Bonn eine quantengesicherte Video-Schalte zwischen dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) durchgeführt. Abhörsichere Datenübertragung ist Teil der BMBF-geförderten Initiative QuNET. Darin entwickeln die Fraunhofer- und die Max- Planck-Gesellschaft sowie das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) Technologien für ein Pilotnetz zur Quanten- kommunikation in Deutschland. Die Pro- jektpartner untersuchen dafür die Gesamt- architektur für Systeme zur quantensicheren Die ehemalige Bundes- forschungsministerin Anja Karliczek startet die erste quantengesicherte Verbin- dung zwischen zwei Bundes- behörden in Deutschland. Foto: BMBF / Hans-Joachim Rickel 88 Kommunikation sowie die Möglichkeiten zum Austausch von Quantenschlüsseln über lange, mittlere sowie kurze Distanzen mittels Freistrahl- und Fasersystemen. Dafür verbinden die Forschungsteams neuartige Methoden mit etablierten Verfahren der klassischen Kryptographie. Sie achten dabei auch auf deren Integration in bestehende Infrastrukturen der Kommunikationsnetze. Für den Transport der Quantenzustände über weite, landesübergreifende Strecken wird mit Flugzeugen und satellitenkompatiblen Technologien an optischen Freistrahlsystemen geforscht. Auf Freistrahl- und Fasersysteme für die quantenbasierte Kommunikation auf mitt- leren und kurzen Distanzen fokussieren sich Fraunhofer-Forschende. Hier geht es um die Ankopplung von Quantentechnologie an Glasfaserinfrastrukturen, um Quanten- Lichtquellen sowie um Teleskope, mit denen sich kurzfristige und mobile Verbindungen realisieren lassen. Quantenkommunikation ist eine der entschei- denden Schlüsseltechnologien für abhör- sichere Netze und die Bedrohungen in der IT-Sicherheit. Sicherheit und Souveränität im Netz wiederum sind Voraussetzungen für eine stabile Demokratie. Projektpartner sind das Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts (MPL), das Institut für Kommunikation und Navigation (IKN) des DLR und die Fraunhofer-Institute für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF sowie für Nach- richtentechnik, Heinrich-Hertz-Institut, HHI.

Aus der Fraunhofer-Forschung I Projekte und Ergebnisse 2021 Testchip mit supraleiten- den Qubits auf Basis von 300-mm-Wafertechnologie. Foto: IMEC 90 in Europa zu entwickeln. Sie setzen dafür auf Spin-Qubits als Grundlage der Quanteninfor- mationsverarbeitung. Insbesondere Silizium- Qubits lassen sich effizient ansteuern und aus- lesen. Wegen ihrer kompakten Anordnung, ihrer hohen Güte und ihrer Kompatibilität mit industriellen Herstellungsprozessen erscheinen sie für eine schnelle Umsetzung zum industri- ellen Quantencomputing besonders geeignet. Das Fraunhofer IPMS bringt mit dem Center Nanoelectronic Technologies seine Expertise in hochmoderner, industriekompatibler CMOS- Halbleiterfertigung auf dem 300-mm-Wafer- Standard ein. Nanostrukturierung, Material- entwicklung und elektrische Ansteuerungen werden hierbei ganz besonders relevant sein. In enger Zusammenarbeit mit Infineon Dresden, der RWTH Aachen University und dem Forschungszentrum Jülich sollen erste Qubit-Demonstratoren auf Waferlevel realisiert werden. Das Fraunhofer IAF wird sich mit der Charakterisierung von Qubits bei tiefen Temperaturen beschäftigen. Dabei kommt die umfangreiche Infrastruktur des Instituts zur Charakterisierung von kryogenen Bauelemen- ten zum Einsatz, um die Variabilitätsaspekte zwischen einzelnen Qubits zu analysieren und für die spätere industrielle Produktion zu verstehen. Bis zum Ende der Laufzeit 2025 wollen die 19 Partner unter Leitung des französischen For- schungsinstituts CEA-Leti eine wettbewerbs- fähige Industrie für Quantentechnologien in Europa etablieren. Prozessor mit supraleitenden Qubits Auf das Prinzip der supraleitenden Qubits setzt das Verbundprojekt »German Quantum Computer based on Superconducting Qubits – GeQCoS«. Das Konsortium um das Walther- Meißner-Institut der Bayerischen Akademie der Wissenschaften will einen Quantenpro- zessorprototyp demonstrieren, der über eine besonders hohe Fidelität verfügt. Grundlegend verbesserte Bauelemente sollen die Qubits besser gegen äußere Störeinflüsse abschirmen und so die Stabilität der Quanteneigenschaften über einen langen Zeitraum gewährleisten. Der Schulterschluss zwischen Hardware und Software bildet einen weiteren Schwerpunkt: Entwickelt werden Algorithmen, die ideal auf die Art der Qubits und der Operationen sowie den vorhandenen Verbindungen zwischen den Qubits abgestimmt sind. Infineon wird skalierbare Fabrikationsprozesse entwickeln, während das Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF Chip- gehäuse optimiert, um die hochsensitiven Quantenschaltkreise optimal anzusteuern und gleichzeitig von der Umgebung abzuschirmen. Das Fraunhofer IAF bringt zudem seine Exper- tise in der Aufbau- und Verbindungstechnik ein, um mit den Qubits bei tiefen Temperatu- ren operieren und diese skalieren zu können. Im Förderprojekt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung sind zudem das Karls- ruhe Institute of Technology (KIT), die Fried- rich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und das Forschungszentrum Jülich beteiligt.

Aus der Fraunhofer-Forschung I Projekte und Ergebnisse 2021 und Beschleuniger sind Kernkomponenten des ersten ener- gieeffizienten europäischen Hochleistungsrechners, den die EPI-Initiative 2024 fertigstellen will. Dies soll vor allem die Wettbewerbsfähigkeit von Wirtschaft und Wissenschaft in Europa stärken. Zunächst adressiert das Forschungskonsortium die europäischen Hochleistungsrechenzentren sowie Industrie und Autohersteller. Denn beispielsweise benötigen autono- mes Fahren und verknüpfte Mobilität immer mehr Rechen- leistung und höhere Sicherheit – bei gleichzeitig geringerem Energieverbrauch. Eine der Kernkomponenten sind Hardware-Beschleuniger (Acceleratoren), die auf spezifische Applikationen spezialisiert sind. Sie liefern deutlich höhere Recheneffizienz als Mehr- zweck- oder Graphikprozessoren (GPUs). Ihre Architektur, das Hardware-Design, Compiler und Software beruhen auf euro- päischem Know-how, an dem Fraunhofer maßgeblich beteiligt ist. Diese Chips bauen auf den RISC-V-Prozessorarchitekturen auf, deren Befehlssatzarchitektur nicht patentiert und damit frei verfügbar ist. Im Sommer 2021 wurden die ersten 140 dieser neuartigen EPAC-Beschleunigerchips mit der 22-Nanometer-Technologie von Globalfoundries in Dresden gefertigt. Der Chip verfügt über mehrere unterschiedliche Beschleunigereinheiten. Zwei der vier verbauten Beschleunigereinheiten stammen von den Fraunhofer-Instituten für Integrierte Schaltungen IIS und für Techno- und Wirtschaftsmathematik ITWM sowie von der ETH Zürich. Die Integration der Einzelkomponenten auf den Chip erfolgte durch das Fraunhofer IIS. Nach den Tests der ersten EPAC-Chips soll in der Weiterentwicklung mit einem Chiplet- Ansatz eine noch höhere Rechenleistung sowie eine geringere Energieaufnahme erreicht werden. Die EPI-Initiative, Teil des EU-Rahmenprogramms Horizon 2020, vereint 28 Partner aus zehn EU-Staaten. Fertigung von Qubits: Stabil und skalierbar Das zentrale Hardware-Element von festkörperbasierten Quantencomputern sind Qubits. Um diese industriell nutzen zu können, müssen sie stabil und skalierbar gefertigt werden können. Dafür startete Mitte 2021 das EU-Projekt »Materials für Quantum Computing – MATQu«. Die beiden Fraunhofer- Institute für Photonische Mikrosysteme IPMS und für Ange- wandte Festkörperphysik IAF bringen ihre Expertise in der 300-mm-Fertigung und in der Tieftemperaturmesstechnik ein. Für die Herstellung stabiler Josephson-Kontakte, der gän- gigsten Realisierung supraleitender Qubits, kann bereits auf etablierte Produktionsprozesse zurückgegriffen werden. Die Leistungsfähigkeit der so produzierten Qubits hängt jedoch 92 entscheidend von der Qualität der verwendeten Substrate und Materialien sowie von der Reproduzierbarkeit der Herstellungs- prozesse ab. Ein verbessertes »Tunen« der Qubits und geringe- re Variabilitäten zwischen ihnen sind auch Voraussetzungen, um die derzeitigen Skalierungsgrenzen in der Qubit-Anzahl heutiger Quantencomputer nach oben zu verschieben. Das Fraunhofer IPMS bringt seine Expertise in der 300-mm- Fertigung ein, die bereits als Industriestandard für CMOS- Computing-Plattformen dient, sowie die umfassenden Kennt- nisse in der Abscheidung, Strukturierung und der Integration von supraleitenden Schichten. Das Fraunhofer IAF steuert seine Geräte und Kenntnisse zur Tieftemperaturmesstechnik bei, insbesondere, um die Variabilität von supraleitenden Schichten zu untersuchen. Das Projekt wird von der gemeinsamen Geschäftsstelle des Fraunhofer-Verbunds Mikroelektronik und der Forschungsfa- brik Mikroelektronik Deutschland (FMD) sowie dem Fraunhofer IAF in einem Konsortium mit insgesamt 18 EU-Partnern koor- diniert. Es erhält eine Förderung durch das ECSEL-Programm Joint Undertaking (JU) der EU im Rahmen von Horizon 2020. Automatisiertes Fahren: Energieeffizient und datensicher Die aktuellen Steuergeräte für das autonome Fahren benö- tigen zurzeit bis zu 500 Watt. Das Gehirn eines Autofahrers verbraucht allerdings nur 20 Watt. Um eine ähnlich effizi- ente Datenverarbeitung zu erreichen, erforscht und entwi- ckelt ein Fraunhofer-Konsortium eine Rechenplattform mit k c o t S i : k h p a r i G

Aus der Fraunhofer-Forschung I Auszeichnungen 2021 Auszeichnungen 2021 94

Fraunhofer- Forschungs- preise Joseph-von-Fraunhofer-Preis Seit 1978 verleiht die Fraunhofer-Gesellschaft jährlich Preise für herausragende wissenschaft- liche Leistungen ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die anwendungsnahe Probleme lösen. Fraunhofer-Preis »Technik für den Menschen und seine Umwelt« Der Preis »Technik für den Menschen und seine Umwelt« wird alle zwei Jahre für Forschungs- und Entwicklungsleistungen vergeben, die maßgeblich dazu beitragen, die Lebensqualität der Menschen zu verbessern, deren Leistungsfähigkeit im täglichen Leben und bis ins Alter zu erhalten sowie für eine gesündere Umwelt zu sorgen. Er wird gemein- sam von der Fraunhofer-Gesellschaft, ihrer Exzellenzstiftung und ehemaligen Vorstands- mitgliedern und Institutsleitungen vergeben. Hugo-Geiger-Preis Mit dem Hugo-Geiger-Preis zeichnet das Bayerische Wirtschaftsministerium drei hervor- ragende Promotionsarbeiten aus. Kriterien der Beurteilung sind: wissenschaftliche Qualität, wirtschaftliche Relevanz, Neuartigkeit und Interdisziplinarität der Ansätze. Benannt ist der Preis nach dem Staatssekretär Hugo Geiger, der als Schirmherr der Gründungsversamm- lung der Fraunhofer-Gesellschaft am 26. März 1949 fungierte. 96 Joseph-von-Fraunhofer-Preis 2021 Mikrochips: Kleiner, leistungsfähiger, konkurrenzlos Elektronische Mikrochips wie in Smartphones sollen immer kleiner, schneller und leistungsfähiger werden. Mit bisherigen Fertigungstechnologien lassen sich jedoch nur Chipstrukturen von etwa zehn Nanometern realisieren. Das Forschungsteam um Michael Kampmann und Martin Witt vom Fraunhofer-Institut für Siliziumtechnologie ISIT sowie Dr. Jacqueline Atanelov von der IMS Nanofabrication GmbH ent- wickelte ein neuartiges Mikrosystem-Schaltelement für einen Elektronen-Multistrahl-Maskenschreiber. Dieses ermöglicht es, in der seriellen EUV-Lithographie Strukturen von unter zehn Nanometern zu realisieren – und damit Halbleiter-Chips von sieben und fünf Nanometern zu produzieren. Statt wie bisher die Masken bei der Lithographie mit einem einzigen Strahl zu beschreiben, verwendet das neue Verfahren über 262 000 Strahlen. Die Elektronenstrahlen fließen quasi wie durch eine Membran, jedoch nicht parallel wie Wasserstrahlen aus einem Duschkopf, sondern über spezielle Steuerelektroden einzeln ansteuerbar. Das Verfahren ist bisher konkurrenzlos – und es ist unverzichtbar, will man die heute kleinsten erreichbaren Strukturen auf Mikrochips schreiben. Derzeit erzielt IMS mit den Geräten einen Jahresumsatz von 400 Millionen US-Dollar. Die Jury begründet die Preisvergabe des Joseph-von- Fraunhofer- Preises u. a. damit, dass »die IMS Nanofabrication GmbH mit dieser Entwicklung ihre marktführende Stellung erreichen konnte«. Dr. Jaqueline Atanelov, Michael Kampmann und Martin Witt (v. l.). i k s w o r e z c n a B . P / r e f o h n u a r F : s o t o F

Aus der Fraunhofer-Forschung I Auszeichnungen 2021 Fraunhofer-Preis »Technik für den Menschen und seine Umwelt 2021« Hugo-Geiger-Preis 2021 Impfstoffherstellung: Erreger mit energiearmen Elektronen inaktivieren Bei der Herstellung von Totimpfstoffen kommen bisher toxi- sche Chemikalien wie Formaldehyd zum Einsatz, um damit die Viren zu inaktivieren. Dies hat jedoch erhebliche Nachteile: So zerstört die Chemikalie einen Teil der Virus-Außenstrukturen, belastet die Umwelt selbst bei fachgerechter Entsorgung und macht eine aufwendige Reinigung des Impfstoffs notwendig. Hinzu kommt: Je nach Virus kann die Inaktivierung Wochen oder gar Monate in Anspruch nehmen. Dr. Sebastian Ulbert und Dr. Jasmin Fertey vom Fraunhofer- Institut für Zelltherapie und Immunologie IZI sowie Frank-Holm Rögner vom Fraunhofer-Institut für Organische Elektronik, Elektronenstrahl- und Plasmatechnik FEP und Martin Thoma vom Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automa- tisierung IPA haben nun ein Verfahren entwickelt, das Krank- heitserreger durch die Behandlung mit niederenergetischen Elektronen innerhalb weniger Millisekunden inaktiviert. Auf diese Weise lassen sich Vakzine schneller, umweltfreundlicher, effizienter und kostengünstiger herstellen. Die Jury begründet die Vergabe des Fraunhofer-Preises »Tech- nik für den Menschen und seine Umwelt« u. a. mit der »ein- fachen und effizienten Methode, die für die Impfstoffwirkung wichtigen Strukturen weitgehend zu erhalten«. Hocheffiziente Mehrfachsolarzellen: Mit beschichteten Halbleitern zu Wirkungsgradrekorden Der Wirkungsgrad der nahezu ausgereiften Silizium-Einfach- Solarzellen-Technik ist auf maximal 29 Prozent begrenzt. Mehr- fachsolarzellen mit Verbindungshalbleitern aus Materialien der chemischen Hauptgruppe III (Erdmetalle / Borgruppe) und V (Stickstoff-Phosphor-Gruppe) erreichen bereits Wirkungsgra- de von bis zu 39,2 Prozent – prädestiniert für den Einsatz auf geringer Fläche. Für die Nutzung in Flachmodulen sind die Kosten der III-V- Halbleiter allerdings noch zu hoch, die Technik wird fast aus- schließlich im Weltraum eingesetzt. Indem mehrere dünne III-V-Halbleiterschichten direkt auf einer Silizium-Zelle aufge- bracht werden, können beide Technologien jedoch kosteneffi- zient vereint werden. Dr. Markus Feifel entwickelte in seiner Promotion in Koopera- tion mit dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE eine komplexe und sehr leistungsfähige Solarzellenstruktur, mit der einige Wirkungsgradrekorde aufgestellt wurden. Wichtig war dabei vor allem, an der Grenzfläche zwischen Silizium und der aufgebrachten III-V-Schicht eine geringe Kristalldefektdich- te zu erreichen, um Leistungsverluste in den darüber liegenden III-V-Teilzellen zu minimieren. Hier gelang Dr. Feifel durch die erstmals für dieses Materialsystem eingesetzte ECCI-Methode zur Fehlererkennung und -analyse sowie durch eine ent- sprechende Anpassung der III-V-Wachstumsbedingungen ein Durchbruch. Dr. Jasmin Fertey, Frank-Holm Rögner, Dr. Markus Feifel (l.). Martin Thoma und Dr. Sebastian Ulbert (v. l.). rechts: Mehr Strom aus optimierten Fotos: Fraunhofer / P. Banczerowski Mehrfachsolarzellen. Fotos: Fraunhofer / C. Duepper 98 98

Aus der Fraunhofer-Forschung I Auszeichnungen 2021 Nationale und internationale Forschungs- preise 2021 Nominiert für den Deutschen Zukunftspreis 2021 Nachhaltige Reifen durch Naturkautschuk aus Löwenzahn Das Projekt »Nachhaltige Reifen durch Löwenzahn – Innova- tionen aus Biologie, Technik und Landwirtschaft« war unter den drei nominierten Teams für die Verleihung des Deutschen Zukunftspreises – Preis des Bundespräsidenten für Technik und Innovation 2021. Als Sieger ging 2021 das BioNTech-Team für die Entwicklung eines Impfstoffs gegen SARS-CoV-2 hervor. Den Gedanken, Naturkautschuk aus regional angebautem Löwenzahn zu gewinnen, anstatt ihn aus weit entfernten Tropenregionen importieren zu müssen, verfolgen Dr. Carla Recker (Continental), Prof. Dr. Dirk Prüfer (Westfälische Wil- helms-Universität Münster) und Dr. Christian Schulze Gronover (Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewand- te Oekologie IME) als Team seit 2011. Inzwischen wird bei Continental der »Urban Taraxagum« hergestellt, der erste in Serie gefertigte Fahrradreifen aus Löwenzahn-Kautschuk. Ein laufendes Folgeprojekt zwischen Continental und Fraunhofer zielt auf die Serienfertigung von Autoreifen. Eine große Herausforderung für die Forschenden war der Weg zur Etablierung des Russischen Löwenzahns hin zu einer kulti- vierbaren Rohstoffquelle. Gemeinsam mit dem Pflanzenzucht- unternehmen ESKUSA und dem Julius-Kühn-Institut gelang es ihnen, aus Wildpflanzen des Russischen Löwenzahns ertragrei- che und widerstandsfähige Pflanzen zu züchten. Entscheidend war die Analyse sogenannter DNA-Marker. Über diese natürlich vorkommenden Stellen im Erbgut können gewünschte Eigen- schaften im Labor nachgewiesen werden – z. B. ein höherer Kautschukgehalt. Dank der Marker können die Forschenden die Pflanzen-Keimlinge daraufhin untersuchen, ob sie die gewünschten Eigenschaften besitzen, und einschätzen, ob es sich lohnt, mit diesen Pflanzen weiterzuzüchten. Dr. Christian Schulze Gronover, Dr. Carla Recker und Prof. Dr. Dirk Prüfer (v. l.). Foto: Deutscher Zukunftspreis 100

Aus der Fraunhofer-Forschung I Auszeichnungen 2021 Amazon Research Award 2021 Deutscher Preis für Software-Qualität 2021 Optimierte Call Graphs für Java-Enterprise- Anwendungen Prof. Dr. Eric Bodden, Direktor am Fraunhofer-Institut für Entwurfstechnik Mechatronik IEM und Leiter der Fachgruppe Secure Software Engineering am Heinz Nixdorf Institut der Universität Paderborn, zählte 2021 zu den Empfängern der Amazon Research Awards. Mit 60 000 US-Dollar fördert Amazon Boddens Forschungspro- jekt zur Verbesserung von automatisierten Code-Analysen. Bei der Erkennung von Sicherheitslücken in Softwareprogrammen werden seit einigen Jahren zunehmend statische Code-Ana- lysen eingesetzt. Dabei zeigen Aufrufgraphen (»call graph«), ähnlich wie Flussdiagramme, die Aufrufe zwischen einzelnen Funktionen eines Programms. Insbesondere mithilfe statischer Aufrufgraphen sollen alle Funktionsaufrufe, die möglich sind, repräsentiert werden. Das Berechnen eines vollständigen und präzisen Aufrufgraphen stellt jedoch insbesondere bei der Analyse von Java-Webapplikationen ein grundlegendes Problem dar. Moderne Web-Frameworks etwa rufen bestimm- te Programmteile selbsttätig auf, was von Code-Analysen entsprechend modelliert werden muss. Mit seinem Projekt »HybridCG« will Bodden die Qualität solcher Call Graphs für Java Enterprise-Anwendungen optimieren. Dazu will er eine Werkzeugkette entwickeln, welche die statischen Call Graphs mit dynamischen Informationen aus der Laufzeit anreichert und die später in existierende Code-Analysen integrierbar ist. Erprobt werden soll der Ansatz auf Basis des Open-Source-Pro- grammanalyserahmenwerks Soot (www.soot-oss.org), das am Heinz Nixdorf Institut gewartet wird und bereits bei Amazon Web Services zum Einsatz kommt. Der Amazon Research Award unterstützt seit 2015 Forschungs- projekte über Spenden und mit wissenschaftlichen Konferenzen. Software-Qualität in Forschung, Lehre und für die Wirtschaft Den Deutschen Preis für Software-Qualität erhielt 2021 Prof. Dr.-Ing. Ina Schieferdecker. Seit 1993 war Ina Schieferdecker am Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme FOKUS tätig und leitete das Institut ab 2015 gemeinsam mit Prof. Dr. Manfred Hauswirth. 2019 wechselte sie ins Bundes- ministerium für Bildung und Forschung, wo sie seither die Abteilung 5 »Forschung für Digitalisierung und Innovation« leitet. Sie ist zudem Gründungsdirektorin des Weizenbaum- Instituts für die vernetzte Gesellschaft. Mit ihrem Engagement habe Schieferdecker über viele Jahre das Thema Softwarequalität in Forschung und Lehre, aber auch in Transferprojekten mit Unternehmen und in gesell- schaftlichen Diskussionen vorangebracht, so die Jurybegrün- dung. Sie leistete seit den 90er-Jahren bedeutende Beiträge zu Leistungs- und Sicherheitstests sowie zur Weiterentwicklung der Spezifikationssprache Testing and Test Control Notation (TTCN-3) und sie initiierte das UML Testing Profile (UTP), eine graphische Modellierungssprache für modellbasierte Test- spezifikationen auf Basis der UML. In der Aus- und Weiterbildung arbeite Schieferdecker maß- geblich an diversen Lehrplänen mit, insbesondere machte sie sich für den Test Automation Engineer und den Quality Engineer stark. Beide Qualifikationen werden für das Internet der Dinge benötigt. Der Preis, eine Initiative des Arbeitskreises Software-Qualität und -Fortbildung (ASQF), wurde 2021 erstmals gemeinsam mit einer entsprechenden Fachgruppe der Gesellschaft für Infor- matik sowie dem German Testing Board (GTB) vergeben. Prof. Dr. Eric Bodden. Foto: Fraunhofer IEM 102 Prof. Dr.-Ing. Ina Schieferdecker. Foto: Fraunhofer FOKUS / M. Heyde

Aus der Fraunhofer-Forschung I Menschen in der Forschung 2021 Menschen in der Forschung 2021 Begeisterung und Kompe- tenz begründen den Erfolg der Fraunhofer-Gesellschaft: Sechs Persönlichkeiten aus der Forschung stehen hier in Vertretung für die vielen anderen, die bei Fraunhofer exzellente Arbeit leisten. 104

Aus der Fraunhofer-Forschung I Menschen in der Forschung 2021 Prof. Dr. rer. nat. Anita Schöbel Mathematikerin | Leiterin des Fraunhofer-Instituts für Techno- und Wirt- schaftsmathematik ITWM in Kaiserslautern | Professorin für Angewandte Mathematik an der TU Kaiserslautern »Next Generation Computing ist hybrid. Klassische Prozessoren, Neuromporphic Computing oder Quantencomputing werden dort ein- gesetzt, wo es am besten passt.« Schon als Kind war Anita Schöbel von Zahlen und Formeln fasziniert. Im Studium war es dann die praktische Anwendung der Mathe- matik, die ihre Begeisterung weckte – etwa wie sich öffentlicher Verkehr und andere kom- plexe Systeme optimieren ließen. Das Abitur bestand sie mit 1,0, Diplom und Promotion in Mathematik jeweils mit Auszeichnung. Und das, obwohl noch während der Promotions- zeit ihre zwei Kinder geboren wurden, die ein und drei Jahre alt waren, als ihre Mutter 1998 den Doktortitel erhielt. Im selben Jahr kam Anita Schöbel als wissen - schaftliche Mitarbeiterin an das Fraunhofer- Institut für Techno- und Wirtschaftsmathema- tik ITWM. Dort leitete sie die Arbeitsgruppe Verkehr – vormittags im Büro, abends zu Hause am Computer, die Nachmittage gehör- ten den Kindern. Nachdem sie als wissen- schaftliche Assistentin wieder an die TU Kaiserslautern zurückgekehrt war, erfolgte 2004 der Ruf nach Göttingen. Dort lehrte sie bis 2018 als W3-Professorin am Institut für Numerische und Angewandte Mathematik an der Georg-August-Universität. Unvergessen bleibt ihr aus dieser Zeit ein Forschungsse- mester in Neuseeland, gemeinsam mit ihrer Familie, das sowohl wissenschaftlich als auch privat sehr fruchtbar war. Als Professorin für Angewandte Mathematik kam sie 2019 nach Kaiserslautern und als Insti- tutsleiterin auch ans Fraunhofer ITWM zurück. Dort etablierte sie den Leitspruch »Mathe- matik für eine gute Zukunft«, der zeigt, wie wichtig es ihr ist, mit ihrer Forschung wirk- lich etwas zu bewirken. Und das tut sie! Mit mathematischen Modellen hilft das Fraunhofer ITWM unter ihrer Leitung nicht nur, die Ent - wicklung der Coronavirus-Pandemie besser zu verstehen, sondern auch neue Ansätze für die Energie- und Verkehrswende zu finden oder Krebstherapien zu optimieren. Ihr Fachgebiet Diskrete Optimierung sorgt für mehr Effizienz in Produktionsprozessen, bei der Konstruktion neuer Materialien oder in der Logistik. Und sie gestaltet die Entwicklung von Computing- Infrastrukturen der nächsten Generation, wie etwa Quantencomputing, maßgeblich mit. Bei all dem beruht ihr Erfolg nicht zuletzt darauf, dass sie Mathematik auch Laien verständlich erklären kann, wie ihr ein Kunde einmal be- scheinigte, und immer nah an der Praxis bleibt. So verwundert es nicht, dass sie heute zu den gefragtesten Forscherinnen Deutschlands zählt. Bei Fraunhofer, an der Universität, in ihrem Bundesland sowie bundesweit beklei- det sie mehr als zehn offizielle Ämter. Sie ist Sprecherin des Fraunhofer-Forschungsfelds »Next Generation Computing«, KI-Lotsin für Mobilität in Rheinland-Pfalz, Mitglied im wissenschaftlichen Senat der Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) und seit Anfang 2022 President Elect der »Association of European Operational Research Societies« (EURO) – um nur einige zu nennen. Als Institutsleiterin schätzt sie nicht nur die vielen spannenden Projekte, sondern auch das Engagement und die Begeisterung der Mitarbeitenden und den Zusammenhalt unter den Institutsleitenden. In der Forschung und innerhalb der Fraunhofer-Gesellschaft plädiert sie für weniger Bürokratie und mehr Eigenver- antwortung. Viel liegt ihr auch an der inter- kulturellen Verständigung, die sie künftig gern mit länderspezifischen wissenschaftlichen und kulturellen Angeboten fördern würde. 106

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Aus der Fraunhofer-Forschung I Menschen in der Forschung 2021 Dr.-Ing. Ulrike Beyer Maschinenbauingenieurin | Diplomwirtschaftsingenieurin | Leitung Task Force Wasserstoff@IWU am Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU in Chemnitz | Leitung der Initiativen »Nationaler Aktionsplan Brennstoffzellen-Produktion« und »Referenzfabrik für hochratenfähige Elektrolyseur-Produktion« Der Wasserstoff steht an erster Stelle. Das gilt im chemischen Periodensystem – und auch im Leben von Dr.-Ing. Ulrike Beyer. Dafür will sie Gas geben, ist in ihrem LinkedIn-Profil zu lesen, und sie meint damit: für die Ener- giewende und die Klimaneutralität – aber insbesondere für die Industrie, die mit der Produktion von Wasserstoffsystemen Wert- schöpfung wieder in nationale Kompetenz- bereiche zurückholen will. Für diese Ziele spielt die Entwicklung neuer Technologien eine zentrale Rolle. »Wasserstoff bietet die einzigartige Möglichkeit, Klimaschutz und die Sicherung des Produktionsstandorts Deutsch- land zu verbinden«, betont die promovierte Maschinenbau- und Wirtschaftsingenieurin stets, wenn sie für die Chancen wirbt, die sich Industrie und Gesellschaft durch den Wasser- stoff bieten. Gas zu geben gilt es auch bei der Brennstoff- zelle, meint die Produktionstechnologin. Für deren industrielle Serienherstellung müssen Lösungen entwickelt werden. Deshalb konzep- tionierte und koordiniert Beyer den Nationalen Aktionsplan Brennstoffzellen-Produktion der Fraunhofer-Gesellschaft. Darin bündeln sich die Forschungskompetenzen und -infra- strukturen von 18 Instituten. Ziel ist es, die Brennstoffzellen-Produktion hoch zu skalieren und effizienter zu gestalten. Insbesondere der strukturierte Roll-out der innovativen Ent- wicklungen und deren Implementierung in die Industrie muss erheblich beschleunigt werden. Denn es geht mittel- bis langfristig um einen Milliardenmarkt, um neue Wertschöpfungs- potenziale und viele zukunftsfähige Arbeits- plätze – allein 150 000 in Deutschland, schätzt die Wasserstoff-Expertin. Auch privat ist Wasserstoff für Ulrike Beyer das Element Nummer eins: Mit diversen Expedi- tionen in etablierte und potenzielle »Wasser- stoff-Regionen« Europas – selbstverständlich klimaneutral mit dem Fahrrad – stiftet sie auch in ihrer Familie Neugier und Begeisterung für das zukunftsträchtige H. Als Leiterin der TaskForce Wasserstoff@IWU am Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschi- nen und Umformtechnik IWU forscht Beyer daran, wie Wasserstoff Kohle und andere fossile Brennstoffe als Energieträger ersetzen kann. Benötigt werden dafür neue Produk- tionslösungen für die industrielle Massenferti- gung von Wasserstoffsystemen: Das sind vor allem Elektrolyseure für die Wasserstofferzeu- gung. Dazu initiierte sie die Referenzfabrik für hochratenfähige Elektrolyseur-Produktion. Das Fraunhofer-Konsortium mit fünf Instituten unter Beyers Leitung unterstützt das Leitpro- jekt H2Giga der Bundesregierung insbesondere mit Technologieevolutionen zur Senkung der Fertigungskosten. Erreicht werden soll eine Kostenneutralität von grünem Wasserstoff im Vergleich zu fossilen Alternativen. 110 »Wasserstoff hat das Potenzial, die Kohle der Zukunft zu sein. Ich treibe die Wasserstoff- forschung nicht nur aus klima- politischen Grün- den voran, sondern insbesondere im Sinne einer zu- kunftsfähigen Wertschöpfung für eine nachhaltige Sicherung des Forschungs- und Produktionsstand- orts Deutschland.«

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Aus der Fraunhofer-Forschung I Menschen in der Forschung 2021 Dipl.-Des. Sabrina Schreiner Industriedesignerin | Gruppenleiterin Nutzerzentrierte Technikgestaltung am Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT in Oberhausen »Von einer stärkeren Einbindung der Gesellschaft in Forschungs- und Entwick- lungsvorhaben profitieren alle Beteiligten. Dies bildet den Nährboden für eine nachhaltige Zukunft.« Sie bringt Design-Fachkräfte mit Seniorengrup- pen zusammen. Sie gestaltet den Dialog über neue Biogasanlagen und lässt Bürgerinnen und Bürger mit Forschenden über das Thema »nachhaltige Bioökonomie« diskutieren. Die di- plomierte Industriedesignerin Sabrina Schreiner arbeitet an der Schnittstelle von Wissenschaft und Gesellschaft daran, zukünftige Nutzerin- nen und Nutzer von Anwendungen stärker in Entwicklungen einzubinden. Als Gruppen- leiterin Nutzerzentrierte Technikgestaltung am Fraunhofer UMSICHT in Oberhausen entwirft sie interaktive Formate und Methoden, um bei Produktentwicklungen und Forschungs- vorhaben frühzeitig die jeweiligen Zielgruppen einzubeziehen und deren Expertise bei der Suche nach Lösungen zu berücksichtigen. Ein Beispiel für Schreiners Arbeit ist das SeniorDesign Lab des Fraunhofer UMSICHT. Ihr Team koordinierte das Projekt, in dem Seniorinnen und Senioren gemeinsam mit Forschenden Produkte für den demogra- phischen Wandel und ein selbstbestimmtes Leben im Alter entwickelten. Eine Erkenntnis: »Die Ideen der gemischten Teams mit Laien und Designern wurden von unserer Jury als kreativer und nutzerzentrierter bewertet«, berichtet Sabrina Schreiner. »Diesen Effekt konnten wir auch wissenschaftlich nach- weisen. Dieses Ergebnis – dass es sich lohnt, Alltagsexperten einzubinden – kann man jetzt auch für andere Projekte nutzbar machen.« Resultate und Erfahrungen des SeniorDesign- Labs fasst die folgende Publikation zusammen: »Developing a Two-Hour Design Thinking Workshop to Examine the Potentials of Age-Divers Co-creation: Why Product Design Teams Should Invite Users Aged 50+, when Designing for the Demographic Change«. Sabrina Schreiner ist überzeugt: Einen partizi- pativen Ansatz wird die Wissenschaft ver- folgen müssen, wenn es um die Entwicklung nachhaltiger und zukunftsfähiger Techno- logien und Produkte geht, etwa im Bereich Mobilität, Bioökonomie oder Kreislaufwirt- schaft. Hier beschäftigt sich Schreiner derzeit im Fraunhofer Cluster of Excellence Circular Plastics Economy CCPE mit der Gestaltung zirkulärer Kindersitze und neuer Produkt- Service-Systeme. Den vielfältigen Aufgaben entsprechend ist ihre Arbeitsgruppe interdis- ziplinär ausgerichtet: Neben Design sind die Fachrichtungen Biologie, Psychologie und Maschinenbau vertreten. Damit profitieren Partizipationsaufträge von verschiedenen Forschungsmethoden. »Es ist wichtig, die Sprache der anderen Disziplinen zu sprechen«, sagt Sabrina Schreiner. An das Fraunhofer UMSICHT kam sie als Studentin für eine Diplomarbeit, bald darauf wurde sie wissenschaftliche Mitarbeite- rin. Anfangs beschäftigte sie sich noch mit klassischen Designaufgaben. Heute gestaltet sie den Austausch zwischen verschiedenen Interessengruppen. »Wie können, rein prak- tisch, Technologie- und Innovationsprozesse an gesellschaftlichen Bedarfen ausgerichtet werden?«, fragt sie. »Das ist Design auf einer abstrakteren Ebene.« Ihre Forschungsgruppe leitet die zweifache Mutter in Teilzeit – ein Modell, das die Fraunhofer-Gesellschaft anbietet. So ist es Sabrina Schreiner möglich, mit dem Parti- zipationsteam am Fraunhofer UMSICHT weiter am gemeinsamen Ziel zu arbeiten: »Mit unserem Ansatz haben wir die Chance, für die nächste Generation eine nachhaltige Zukunft zu gestalten.« 114

Aus der Fraunhofer-Forschung I Menschen in der Forschung 2021 116

Aus der Fraunhofer-Forschung I Unternehmen im Fraunhofer-Umfeld Unternehmen im Fraunhofer-Umfeld Die Fraunhofer-Institute werden von Wirtschaft und Politik als Keimzellen für Unternehmensansiedlungen und -gründungen geschätzt. Viele Fraunhofer-Mitarbeiterin- nen und -Mitarbeiter machen sich mit hier erarbeitetem Know-how selbstständig. Einige aktuelle Beispiele zeigen die folgenden Seiten. 118

Aus der Fraunhofer-Forschung I Unternehmen im Fraunhofer-Umfeld Bluu GmbH Sensry GmbH Zellbasierter Fisch aus dem Bioreaktor Meeresfisch weiterhin auf den Speiseplan der Menschen brin- gen zu können, ohne der Umwelt zu schaden: Das ist das Ziel der Bluu GmbH. Als erstes Unternehmen Europas hat sich die Bluu GmbH auf die Produktion von zellbasierten Fischspeisen spezialisiert. Diese werden aus echten Fischzellen hergestellt und im Bioreaktor gezüchtet. Im Gegensatz zu wild gefange- nem Fisch geht dies nicht zulasten des Tierwohls. Das Unter- nehmen schließt damit eine Marktlücke: Fast überall werden heute mehr Fische gefangen als natürlich nachwachsen können. Das gefährdet die Ernährungsgrundlage von Hunder- ten Millionen von Menschen. Im Mai 2020 ging die Bluu GmbH an den Start, als Ausgrün- dung der ehemaligen Fraunhofer-Einrichtung für Marine Biotechnologie und Zelltechnik EMB. Nur zehn Monate später konnte sich Bluu 7 Mio € Investitionen durch ein internatio- nales Konsortium sichern. Im ersten Schritt wollen die Bluu- Gründer, Dr. Sebastian Rakers und Simon Fabich, die Produkte über Restaurants auf den Markt bringen. Ab Ende 2023 sollen auch Supermärkte beliefert werden. Die Herausforderung bei der Herstellung von zellbasierten Fischspeisen besteht darin, die porösen Gerüststrukturen derart aufzubauen, dass ausreichend Nährstoffe und Sauer- stoff an die Zellen gelangen. Nur wenn dies gewährleistet ist, können sich die auf den Gerüststrukturen wachsenden Zellen so strukturieren und ausbilden, wie sie es im natürlichen Fischgewebe auch tun würden. Die zellbasierte Fischfleischproduktion hat einige Vorteile: Die Schlachtung von Fischen entfällt, zudem sind keine der Massentierhaltung ähnlichen Aquakulturen nötig, die zur Verschmutzung und Eutrophierung von Gewässern führen. Weitere Vorteile des kultivierten »Fischs« sind sein hoher Nährwert sowie die Verfügbarkeit und damit verbundene kurze Lieferketten. Auch die Verwendung von Gentechnik, Antibiotika und Umweltgiften gehört der Vergangenheit an. Innovative Halbleitertechnologien für KMU Elektronische Lösungen von der vordersten Front der For- schung für Sensor- und Kommunikationssysteme, damit sich vor allem kleine und mittlere Unternehmen (KMU) am wach- senden Internet der Dinge beteiligen können: Darauf setzen die Produkte eines Start-ups von Fraunhofer, GlobalFoundries und Next Big Thing. Die Sensry GmbH ermöglicht ihren Kunden Zugriff auf hoch integrierte, vertrauenswürdige und kostengünstige Sensorsys- teme. Das von Sensry angebotene Baukastenprinzip bietet für Prototypen und Kleinserien ein Höchstmaß an Flexibilität durch eine modulare Bauweise. Im Ergebnis erhalten die Kunden jeweils einen maßgeschneiderten Sensorknoten mit flexibler kundenspezifischer Ausstattung an Sensoren und Kommu- nikationslösungen. Die Plattform verbindet modernste und energieeffiziente Aufbau- und Packaging-Technologien (FD-SOI auf 22FDX-Technologie) mit neuesten Halbleiter-Entwurfs- methoden und einer zukunftsweisenden Prozessorarchitektur (RISC-V), sie garantiert höchste Datensicherheit durch Security- Komponenten und erlaubt die Integration unterschiedlichster Sensoren für Fog, Edge und Cloud Computing. Sensry entstand Ende 2018 aus dem Projekt »Universelle Sen- sor-Plattform – USeP«. Gefördert wurde das Projekt durch den Freistaat Sachsen und die Europäische Union im Rahmen des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE). Zielset- zung des Vorhabens war es, insbesondere kleineren Anbietern für Sensorik- und Kommunikationssysteme Zugang zur nächs- ten Generation der Elektronik zu ermöglichen. Als Innovations- treiber sind KMU wesentlich für den Technologietransfer in der Breite verantwortlich. An den technologischen Grundlagen von Sensry mitgewirkt haben die Institutsteile Entwicklung Adaptiver Systeme (EAS) des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen IIS und All Silicon System Integration (ASSID) des Fraunhofer-Instituts für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM sowie die Fraunhofer- Institute für Photonische Mikrosysteme IPMS und für Elektroni- sche Nanosysteme ENAS. www.bluu.bio https://sensry.net 120

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Finanzen I Bilanz zum 31. Dezember 2021 Bilanz zum 31. Dezember 2021 Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e V, München ähnliche Rechte und Werte 2021 in € 12.780.079,94 33.252.200,15 1.461.940.820,57 642.086.036,60 49.377.596,83 427.074.683,40 92.782,82 10.326.794,50 8.296.616,21 265.000,00 527.029.022,13 – 425.125.091,54 204.486.086,66 381.179.622,20 7.759.852,39 110.539.165,89 2021 in € 46.032.280,09 2.580.479.137,40 18.981.193,53 101.903.930,59 703.964.727,14 439.849.778,06 231.980.334,25 2021 in € 2.645.492.611,02 1.477.698.770,04 63.084.911,54 4186276292,60 8.574.603,12 Vorjahr in T€ 11.370 34.999 46.369 1.296.791 570.624 47.846 493.152 2.408.413 93 9.010 8.522 128 17.753 2.472.535 494.665 – 408.822 85.843 201.246 104.249 226.996 85.405 416.650 10.586 128.419 756.901 440.611 100.211 1.383.566 87.124 3943225 23.018 einschließlich der Bauten auf fremden Grundstücken AKTIVA A Anlagevermögen I Immaterielle Vermögensgegenstände 1. Konzessionen, gewerbliche Schutzrechte und 2. Geleistete Anzahlungen II Sachanlagen 1. Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und Bauten 2. Technische Anlagen und Maschinen 3. Andere Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung 4. Geleistete Anzahlungen und Anlagen im Bau III Finanzanlagen 1. Anteile an verbundenen Unternehmen 2. Beteiligungen 3. Wertpapiere des Anlagevermögens 4. Sonstige Ausleihungen B Umlaufvermögen I Vorräte 1. Unfertige Leistungen II Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände 1. Forderungen aus Lieferungen und Leistungen 2. Ausgleichsansprüche und Forderungen 3. Forderungen gegen verbundene Unternehmen 4. Sonstige Vermögensgegenstände III Sonstige Wertpapiere IV Kassenbestand, Bundesbankguthaben und Guthaben bei Kreditinstituten C Rechnungsabgrenzungsposten Treuhandvermögen an Bund und Länder a) aus der institutionellen Förderung b) aus Projektabrechnungen c) wegen Pensions- und Urlaubsrückstellungen 39.051.590,36 251.996.231,84 90.131.800,00 – erhaltene Anzahlungen einschließlich Aufträgen 124

Finanzen I Gewinn- und Verlustrechnung für das Geschäftsjahr 2021 Gewinn- und Verlustrechnung für das Geschäftsjahr 2021 Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e V, München Aufträge Sonstige Sonstige Erlöse Projektförderung Aufträge Eigene Erträge Erlöse aus Forschung und Entwicklung Erhöhung des Bestandes an unfertigen Leistungen Erträge aus institutioneller Förderung Bund Länder 1 1.1 1.2 2 2.1 2.1.1 Bund: 2.1.2 Länder: Projektförderung 2.1.3 Industrie, Wirtschaft und Wirtschaftsverbände 2.1.4 Einrichtungen der Forschungsförderung und 2.2 Summe Umsatzerlöse 2.3 2.4 Andere aktivierte Eigenleistungen 2.5 2.6 2.7 Summe Zuwendungen und eigene Erträge 3 Veränderung der Sonderposten 3.1 3.1.1 Einstellung 3.1.2 Verbrauch 3.2 3.2.1 Einstellung (betrifft Investitionen) 3.2.2 Auflösung (betrifft Abschreibungen) 3.3 Aus der Finanzierung des Umlaufvermögens 3.4 3.4.1 Einstellung 3.4.2 Verbrauch 4 Sonstige betriebliche Erträge Erträge aus Beteiligungen Sonstige Zinsen und ähnlich Erträge freigewordene Zuwendungen Zur Finanzierung von Restrukturierungen Rücklage aus Lizenzerträgen für satzungsgemäße Zwecke Zuwendungen zum Anlagevermögen Für die Aufwandsdeckung zur Verfügung stehende Zuwendungen und eigene Erträge 2021 in € 608.119.080,10 15.472.180,07 263.533.465,67 3.271.042,31 729.837.671,82 147.063.586,92 2021 in € 860.393.848,93 167.310.401,47 1.767.297.026,89 6.498.060,70 32.364.185,05 7.507.804,13 41.955.051,13 2.108.372,31 1.030.011,39 – 14.753.755,84 14.753.755,84 – 469.931.632,22 295.203.372,82 29.218.488,50 – 63.000,00 452.000,00 2021 in € 1.027.704.250,40 1.773.795.087,59 84.965.424,01 2.886.464.762,00 – 145.120.770,90 2741343991,10 Vorjahr in T€ 1.013.632 162.298 1.175.930 593.075 17.979 215.691 2.267 662.416 132.128 1.623.556 8.208 1.631.764 38.799 7.061 34.745 2.107 1.526 84.238 2.891.932 – 13.091 13.091 – 475.310 310.052 – 59.497 – 25.000 – 249.755 2642177 126

Finanzen I Zusammenhang zwischen Gewinn- und Verlustrechnung, Leistungsrechnung und Einnahmen- und Ausgabenrechnung Zusammenhang zwischen Gewinn- und Verlustrechnung, Leistungsrechnung und Einnahmen- und Ausgabenrechnung Erträge / Einnahmen Erträge / Einnahmen aus institutioneller Förderung aus Forschung und Entwicklung aus sonstigen Erlösen Erhöhung des Bestandes an unfertigen Leistungen Andere aktivierte Eigenleistungen Sonstige betriebliche Erträge Einnahmen- und Ausgabenrechnung Veränderung der Sonderposten Zuwendungen zum Anlagevermögen Einstellung in den Sonderposten (betrifft Investitionen) Auflösung des Sonderpostens (betrifft Abschreibungen) Aus der Finanzierung des Umlaufvermögens freigewordene Zuwendungen Zur Finanzierung von Restrukturierungen Veränderung der Ausgleichsansprüche wegen Pensions- und Urlaubsrückstellungen Finanzvolumen Leistungs- rechnung in € 1.022.977.850,40 1.802.355.381,64 1.353,89 7.507.804,13 48.500.280,38 2881342670,44 29.218.488,50 4.726.400,00 2915287558,94 Vereins- vermögen in € 395.691,56 19.847,81 415.539,37 Überleitungs- posten in € 4.726.400,00 – 35.058.354,75 6.496.706,81 32.364.185,05 – 3.802.537,11 – 469.931.632,22 295.183.525,01 389.000,00 – 4.726.400,00 – 174.359.107,21 Gewinn- und Verlustrechnung in € 1.027.704.250,40 1.767.297.026,89 6.498.060,70 32.364.185,05 7.507.804,13 45.093.434,83 – 469.931.632,22 295.203.372,82 29.218.488,50 389.000,00 2.741.343.991,10 128

Finanzen I Leistungsrechnung der Fraunhofer-Einrichtungen Leistungsrechnung der Fraunhofer-Einrichtungen Fraunhofer-Institut/-Einrichtung für Verbund Energietechnologien und Klimaschutz (ab 112021) Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik IEE Solare Energiesysteme ISE Windenergiesysteme IWES Summe Verbund Energietechnologien und Klimaschutz Verbund Gesundheit (ab 112021) Biomedizinische Technik IBMT Bildgestützte Medizin MEVIS Individualisierte und Zellbasierte Medizintechnik IMTE Toxikologie und Experimentelle Medizin ITEM Translationale Medizin und Pharmakologie ITMP Zelltherapie und Immunologie IZI Ort Aufwendungen Betriebshaushalt 2021 in T€ Investitionen 2021 in T€ Erträge Projekt erträge 2021 in T€ Zuwendungs- bedarf 1 2021 in T€ Bochum Kassel Freiburg Bremerhaven Sulzbach Bremen Lübeck Hannover, Braunschweig, Regensburg Frankfurt, Berlin, Penzberg, Göttingen Leipzig, Potsdam-Golm, Halle 10.297,3 29.668,5 104.394,2 37.631,7 181991,7 17.278,1 11.448,1 4.937,9 38.142,8 12.767,9 44.487,6 1.394,7 2.167,8 12.269,3 15.274,0 31105,9 1.465,8 947,0 326,6 3.016,2 860,9 6.308,4 8.347,1 25.106,2 106.815,7 50.356,1 190625,1 11.723,8 9.350,5 3.844,9 28.435,8 6.487,2 35.957,7 3.344,9 6.730,1 9.847,9 2.549,6 22472,5 7.020,1 3.044,6 1.419,6 12.723,2 7.141,5 14.838,3 Summe Verbund Gesundheit 129062,4 12924,8 95800,0 46187,2 1 Rundungen erfolgen anhand der Echtwerte. 130

Finanzen I Leistungsrechnung der Fraunhofer-Einrichtungen Fraunhofer-Institut/-Einrichtung für Verbund Mikroelektronik Angewandte Festkörperphysik IAF Elektronische Nanosysteme ENAS Hochfrequenzphysik und Radartechnik FHR Integrierte Schaltungen IIS Integrierte Systeme und Bauelementetechnologie IISB Mikroelektronische Schaltungen und Systeme IMS Mikrosysteme und Festkörper-Technologien EMFT Nachrichtentechnik, Heinrich-Hertz-Institut, HHI Photonische Mikrosysteme IPMS Siliziumtechnologie ISIT Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM Geschäftsstelle Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland (FMD) Summe Verbund Mikroelektronik Verbund Produktion Additive Produktionstechologien IAPT Entwurfstechnik Mechatronik IEM Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF Gießerei-, Composite- und Verarbeitungstechnik IGCV Großstrukturen in der Produktionstechnik IGP Materialfluss und Logistik IML Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik IPK Produktionstechnik und Automatisierung IPA Produktionstechnologie IPT Schicht- und Oberflächentechnik IST Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU Summe Verbund Produktion Ort Aufwendungen Betriebshaushalt 2021 in T€ Investitionen 2021 in T€ Erträge Projekt erträge 2021 in T€ Zuwendungs- bedarf 1 2021 in T€ Freiburg Chemnitz Wachtberg Erlangen, Dresden Erlangen Duisburg München Berlin, Goslar Dresden Itzehoe Berlin, Dresden Berlin Hamburg Paderborn Magdeburg Augsburg Rostock Dortmund, Hamburg Berlin Stuttgart Aachen Braunschweig Chemnitz 17.287,2 17.132,5 20.598,1 197.762,6 4.574,3 7.733,4 1.010,5 7.461,4 17.493,1 17.305,9 16.460,4 151.538,3 4.368,4 7.560,0 5.148,2 53.685,7 29.157,9 1.938,7 21.624,5 9.472,1 27.318,5 16.188,8 62.412,9 49.289,4 24.373,1 38.485,0 904,1 500910,1 8.977,4 13.823,0 19.127,4 17.715,8 11.207,4 39.878,6 18.679,2 68.853,6 29.568,9 15.792,9 48.973,6 292597,9 150,9 540,8 8.874,1 2.578,3 1.801,1 4.255,6 48,7 16.211,1 11.056,1 51.181,4 34.837,4 17.996,9 30.725,4 269,7 11.258,3 5.673,5 20.105,6 17.030,3 8.177,3 12.015,3 683,1 40967,9 386700,3 155177,7 1.718,5 1.503,6 745,1 1.847,3 422,0 4.065,3 1.840,5 4.625,8 1.928,1 1.712,1 5.264,3 25672,7 5.631,8 11.787,4 13.415,5 15.780,4 8.818,8 34.391,9 12.680,7 57.333,1 22.942,8 9.250,3 37.249,2 229282,0 5.064,1 3.539,2 6.457,0 3.782,7 2.810,6 9.552,0 7.839,0 16.146,4 8.554,2 8.254,7 16.988,7 88988,6 1 Rundungen erfolgen anhand der Echtwerte. 132

Finanzen I Leistungsrechnung der Fraunhofer-Einrichtungen Fraunhofer-Institut/-Einrichtung für Institute außerhalb von Verbünden Fraunhofer-Zentrale Institutszentrum Birlinghoven Institutszentrum Stuttgart Zentrale Kosten Fraunhofer-Kompetenznetzwerk Quantencomputing Summe Institute außerhalb von Verbünden Zusätzliche Forschungsförderung 2 Verteidigungs- und Sicherheitsforschung Angewandte Festkörperphysik IAF Chemische Technologie ICT, Teilinstitut für Chemische Energieträger Hochfrequenzphysik und Radartechnik FHR Kommunikation, Informationsverarbeitung und Ergonomie FKIE Kurzzeitdynamik, Ernst-Mach-Institut, EMI Naturwissenschaftlich-Technische Trendanalysen INT Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB, Teilinstitut Ettlingen ATHENE ATHENE Graphische Datenbearbeitung IGD ATHENE Sichere Informationstechnologie SIT FFB Forschungsfertigung Batteriezelle FFB Summe Zusätzliche Forschungsförderung Ausbauinvestitionen Leistungsrechnung Finanzvolumen Ort Aufwendungen Betriebshaushalt 2021 in T€ Investitionen 2021 in T€ Erträge Projekt erträge 2021 in T€ Zuwendungs- bedarf 1 2021 in T€ München Sankt Augustin Stuttgart Ehningen Freiburg Pfinztal Wachtberg Wachtberg Freiburg Euskirchen 42.267,6 427,6 603,9 94.235,4 9.092,9 146627,4 14.608,3 15.378,6 18.063,4 28.310,8 16.645,3 6.649,8 5.896,5 27,1 39,9 1.047,9 0,0 7011,4 1.687,8 1.492,1 1.321,9 872,5 1.514,4 562,3 7.447,6 31,5 20,9 22.321,3 236,3 30057,6 5.967,3 5.349,0 5.811,6 15.203,2 6.575,2 2.187,4 40.716,5 423,2 622,9 72.961,9 8.856,6 123581,2 10.328,8 11.521,7 13.573,7 13.980,1 11.584,4 5.024,8 Ettlingen 22.256,5 2.916,1 16.494,7 8.678,0 Darmstadt Darmstadt Münster 2.135,1 13.020,1 14.498,4 151566,3 38,4 34,2 0,0 0,0 710,9 11150,7 15.209,3 72797,7 2.173,5 13.054,3 0,0 89919,3 234.181,0 47.455,4 186.725,5 2445170,1 470117,4 1858364,8 1056922,7 2915287,6 1 Rundungen erfolgen anhand der Echtwerte. 2 Ohne Vertragsforschung der verteidigungsbezogenen Institute zzgl. ATHENE und FFB. 134

Finanzen I Auszüge aus dem Anhang 2021 Immaterielle Vermögensgegenstände werden über eine Nutzungs dauer von 3 Jahren abgeschrieben. Institutsbauten auf eigenen und fremden Grundstücken werden wie folgt abgeschrieben: Zugang vor April 1985 mit 2 Prozent Zugang zwischen 1. April 1985 und 31. Dezember 2000 mit 4 Prozent Zugang ab dem 1. Januar 2001 mit 3 Prozent Für bewegliche Sachanlagen wird eine Nutzungsdauer von 5 Jahren zugrunde gelegt. Abweichend davon wird für Kom- munikations-, Video- und Audioanlagen eine Nutzungsdauer von 4 Jahren und bei EDV-Hardware eine Nutzungsdauer von 3 Jahren unterstellt. Kraftfahrzeuge werden über eine Nut- zungsdauer von 4 Jahren abgeschrieben. Die Finanzanlagen sind zu Anschaffungskosten bzw. mit dem niedrigeren beizulegenden Wert angesetzt. Da das Anlagevermögen der Ordentlichen Rechnung zuwen- dungsfinanziert ist, erfolgt eine Auflösung des Sonderpostens »Zuwendungen zum Anlagevermögen« in Höhe der Abschrei- bungen, sodass die Anpassungen erfolgsneutral sind. Die Bewertung der unfertigen Leistungen erfolgt zu Herstel- lungskosten bzw. zum niedrigeren beizulegenden Wert. Die Herstellungskosten umfassen Personal- und Sacheinzelkosten, Gemeinkosten sowie Abschreibungen. Die erhaltenen Anzah- lungen (einschließlich Umsatzsteuer) sind unter den Vorräten offen abgesetzt. Forderungen aus Lieferungen und Leistungen und sonsti- ge Vermögensgegenstände werden mit dem Nominalwert an gesetzt. Uneinbringliche Forderungen werden zum Stichtag wertberichtigt. Das allgemeine Forderungsrisiko wird durch eine pauschale Wertberichtigung in Höhe von 2 Prozent des Forderungsbestands berücksichtigt. Wertpapiere des Umlaufvermögens sind zu Anschaffungs- kosten angesetzt. Die liquiden Mittel sind zu Nominalwerten angesetzt. Geleistete Ausgaben vor dem Bilanzstichtag, die erst nach dem Bilanzstichtag aufwandswirksam werden, werden als Rechnungsabgrenzungsposten aktiviert. Die Fraunhofer-Gesellschaft nutzt das im Rahmen ihrer Bewirtschaftungsgrundsätze verfügbare Instrument der Rück- lagenbildung, um im Wesentlichen die Einnahmen aus der Lizenzierung von Audiocodierungs-Technologien mittelfristig gezielt zur Förderung ihrer eigenen Vorlaufforschung einsetzen zu können. 136 Die zur Finanzierung des Anlagevermögens verwendeten Zuwendungen werden dem Sonderposten »Zuwendungen zum Anlagevermögen« zugeführt. Die zur Finanzierung des Umlaufvermögens verwendeten Zuwendungen sind in einem eigenen Sonderposten eingestellt. Die Bewertung der Pensionsrückstellungen bei bestehender Rückdeckungsversicherung erfolgt zum Bilanzstichtag mit den von der Versicherungsgesellschaft ermittelten Aktivierungswer- ten. Die Berechnung der Aktivierungswerte erfolgt gemäß Mit- teilung der Versicherungsgesellschaft unter Zugrundelegung der »Richttafeln DAV 2004 R«. Eine Anpassung der laufenden Renten sowie der anrechenbaren Bezüge wird nicht zugrun- de gelegt. Besteht keine Rückdeckungsversicherung bzw. ist der Erfüllungsbetrag der Pensionsverpflichtung höher als der Aktivierungswert der Rückdeckungsversicherung, wird eine Bewertung in Höhe des Betrags der Pensionsverpflichtung laut versicherungsmathematischem Gutachten vorgenommen. Die Bestimmung des Erfüllungsbetrags der Pensionsverpflichtung erfolgt nach dem Barwertverfahren (Methode der laufenden Einmalprämien). Für die Bewertung wurde ein Rechnungszins aus 10-jähriger Durchschnittsbildung von 1,87 Prozent gemäß § 253 Abs. 2 HGB verwendet sowie die »Heubeck-Richttafeln 2018 G« herangezogen. Die sonstigen Rückstellungen berücksichtigen alle erkennbaren Risiken und ungewisse Verbindlichkeiten. Die Bewertung der sonstigen Rückstellungen erfolgt gemäß § 253 Abs. 1 HGB mit dem nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendi- gen Erfüllungsbetrag. Sonstige Rückstellungen mit einer Lauf- zeit von mehr als einem Jahr wurden gemäß § 253 Abs. 2 HGB mit den von der Deutschen Bundesbank im Dezember 2021 ermittelten laufzeitabhängigen durchschnittlichen Marktzins- sätzen abgezinst. Die Altersteilzeitrückstellung wurde auf Basis der abgeschlossenen Verträge sowie einer Prognose zukünftig zu erwartender Verträge berechnet. Die Verbindlichkeiten sind mit dem Erfüllungsbetrag angesetzt. Nicht ertragswirksame Einnahmen vor dem Bilanzstichtag werden als passiver Rechnungsabgrenzungsposten ausgewiesen. Geschäftsvorfälle in fremder Währung werden mit den jewei- ligen Sicherungskursen in Ansatz gebracht. Fremdwährungs- konten werden im Jahresabschluss mit dem am Bilanzstichtag geltenden Devisenkassamittelkurs umgerechnet. Durchlaufende Posten sind als Treuhandvermögen bzw. Treuhand verbindlichkeiten unter der Bilanz der Fraunhofer- Gesellschaft vermerkt.

Finanzen I Wiedergabe des Bestätigungsvermerks des Abschlussprüfers Unternehmenstätigkeit, sofern einschlägig, anzugeben. Darüber hinaus sind sie dafür verantwortlich, auf der Grund- lage des Rechnungslegungsgrundsatzes der Fortführung der Unternehmenstätigkeit zu bilan zieren, sofern dem nicht tatsächliche oder rechtliche Gegeben heiten entgegenstehen. Außerdem sind die gesetzlichen Vertreter verantwortlich für die Aufstellung des Lageberichts, der insgesamt ein zutref- fendes Bild von der Lage des Vereins vermittelt sowie in allen wesent lichen Belangen mit dem Jahresabschluss in Einklang steht, den deutschen gesetzlichen Vorschriften entspricht und die Chancen und Risiken der zukünftigen Entwicklung zutreffend darstellt. Ferner sind die gesetzlichen Vertreter ver- antwortlich für die Vorkehrungen und Maßnahmen (Systeme), die sie als notwendig erachtet haben, um die Aufstellung eines Lageberichts in Übereinstimmung mit den anzuwendenden deutschen gesetzlichen Vorschriften zu ermöglichen, und um ausreichende geeignete Nachweise für die Aussagen im Lage- bericht erbringen zu können. Der Senat beschließt die der Mitgliederversammlung vorzu- legende Jahresrechnung. Verantwortung des Abschlussprüfers für die Prüfung des Jahresabschlusses und des Lageberichts Unsere Zielsetzung ist, hinreichende Sicherheit darüber zu erlangen, ob der Jahresabschluss als Ganzes frei von we sen- tlichen – beabsichtigten oder unbeabsichtigten – falschen Darstellungen ist, und ob der Lagebericht insgesamt ein zutreffendes Bild von der Lage des Vereins vermittelt sowie in allen wesentlichen Belangen mit dem Jahresabschluss sowie mit den bei der Prüfung gewonnenen Erkenntnissen in Einklang steht, den deutschen gesetzlichen Vorschriften entspricht und die Chancen und Risiken der zukünftigen Entwicklung zutreffend darstellt, sowie einen Bestätigungs- vermerk zu erteilen, der unsere Prüfungsurteile zum Jahres- abschluss und zum Lagebericht beinhaltet. Hinreichende Sicherheit ist ein hohes Maß an Sicherheit, aber keine Garantie dafür, dass eine in Übereinstimmung mit § 317 HGB unter Beachtung der vom Institut der Wirt- schaftsprüfer (IDW) festgestellten deutschen Grundsätze ordnungsmäßiger Abschlussprüfung durchgeführte Prüfung eine wesentliche falsche Darstellung stets aufdeckt. Falsche Darstellungen können aus Verstößen oder Unrichtigkeiten resultieren und werden als wesentlich angesehen, wenn vernünftigerweise erwartet werden könnte, dass sie einzeln oder insgesamt die auf der Grundlage dieses Jahresab- schlusses und Lageberichts getroffenen wirtschaftlichen Entscheidungen von Adressaten beeinflussen. Während der Prüfung üben wir pflichtgemäßes Ermessen aus und bewahren eine kritische Grundhaltung. Darüber hinaus identifizieren und beurteilen wir die Risiken wesentlicher – beabsichtigter oder unbeabsichtigter – falscher Darstel- lungen im Jahresabschluss und im Lagebericht, planen und führen Prüfungshandlungen als Reaktion auf diese Risiken durch sowie erlangen Prüfungsnachweise, die ausreichend und geeignet sind, um als Grundlage für unsere Prüfungs- urteile zu dienen. Das Risiko, dass wesentliche falsche Darstellungen nicht aufgedeckt werden, ist bei Verstößen höher als bei Unrichtigkeiten, da Verstöße betrügerisches Zusammenwirken, Fälschungen, beabsichtigte Unvollstän- digkeiten, irreführende Darstellungen bzw. das Außerkraft- setzen interner Kontrollen beinhalten können. gewinnen wir ein Verständnis von dem für die Prüfung des Jahresabschlusses relevanten internen Kontrollsystem und den für die Prüfung des Lageberichts relevanten Vorkehrun- gen und Maßnahmen, um Prüfungshandlungen zu planen, die unter den gegebenen Umständen angemessen sind, jedoch nicht mit dem Ziel, ein Prüfungsurteil zur Wirksam- keit dieser Systeme des Vereins abzugeben. beurteilen wir die Angemessenheit der von den gesetzli- chen Vertretern angewandten Rechnungslegungsmethoden sowie die Vertretbarkeit der von den gesetzlichen Vertretern dargestellten geschätzten Werte und damit zusammenhän- genden Angaben. ziehen wir Schlussfolgerungen über die Angemessenheit des von den gesetzlichen Vertretern angewandten Rech- nungslegungsgrundsatzes der Fortführung der Unter- nehmenstätigkeit sowie, auf der Grundlage der erlangten Prüfungs nachweise, ob eine wesentliche Unsicherheit im Zusammenhang mit Ereignissen oder Gegebenheiten besteht, die bedeutsame Zweifel an der Fähigkeit des Ver- eins zur Fortführung der Unternehmenstätigkeit aufwer- fen können. Falls wir zu dem Schluss kommen, dass eine wesentliche Unsicherheit besteht, sind wir verpflichtet, im Bestätigungsvermerk auf die dazugehörigen Angaben im Jahresabschluss und im Lagebericht aufmerksam zu machen oder, falls diese Angaben unangemessen sind, unser jeweiliges Prüfungsurteil zu modifizieren. Wir ziehen unsere Schlussfolgerungen auf der Grundlage der bis zum Datum unseres Bestätigungsvermerks erlangten Prüfungsnach- weise. Zukünftige Ereignisse oder Gegebenheiten können jedoch dazu führen, dass der Verein seine Unternehmens- tätigkeit nicht mehr fortführen kann. beurteilen wir die Gesamtdarstellung, den Aufbau und den Inhalt des Jahresabschlusses einschließlich der Anga- ben sowie ob der Jahresabschluss die zugrunde liegenden Geschäftsvorfälle und Ereignisse so darstellt, dass der Jahresabschluss unter Beachtung der deutschen Grundsätze 138

1 4 0 Foto: Jan Kopřiva

Service I Die Struktur der Fraunhofer-Gesellschaft Die Struktur der Fraunhofer-Gesellschaft Einrichtungen und Aufgaben Der Vorstand besteht aus dem Präsiden- ten und weiteren hauptamtlichen Mit- gliedern. Zu seinen Aufgaben zählen die Geschäfts führung, die Vertretung der Fraunhofer- Gesellschaft nach innen und außen, die Er arbeitung der Grundzüge der Wissenschafts- und Forschungspolitik, die Ausbau- und Finanz planung, die Akquisition der Grund finanzierung und ihre Verteilung auf die Institute sowie die Berufung der Institutsleitungen. Unter dem Dach von Fraunhofer arbeiten 76 Institute und Forschungseinrichtungen an Standorten in ganz Deutschland. Sie agieren selbstständig auf dem Markt und wirtschaften eigenverantwortlich. Sie sind in neun the- matisch orientierten Fraunhofer-Verbünden organisiert. Deren Ziele sind die fachliche Abstimmung innerhalb der Fraunhofer-Gesell- schaft und ein gemeinsames Auftreten am Markt. Die Sprecher der Verbünde bilden zusammen mit dem Vorstand das Präsi dium der Fraunhofer-Gesellschaft. Das Präsidium beteiligt sich an der Entscheidungsfindung des Vorstands und hat ein Vorschlags-, Empfeh- lungs- und Anhörungsrecht. Der Senat umfasst etwa 30 Mitglieder; es sind Persönlich keiten aus Wissenschaft, Wirtschaft und öffentlichem Leben, Vertretungen des Bundes und der Länder sowie Mitglieder des Wissenschaftlich-Technischen Rats (WTR). Der Senat beruft den Vorstand und legt die Grundzüge der Wissenschafts- und For- schungspolitik fest. Er beschließt Errichtungen, Wand lungen oder Auflösungen von Einrich- tungen der Fraunhofer-Gesellschaft. Die Mitgliederversammlung besteht aus den Mitgliedern der Fraunhofer-Gesellschaft. Mitglieder von Amts wegen sind die Sena- torinnen und Senatoren, der Vorstand, die Institutsleitungen und die Kuratorinnen und Kuratoren. Ordentliche Mitglieder können natürliche und juristische Personen werden, die die Arbeit der Fraunhofer-Gesellschaft fördern wollen. Forschende sowie Förderin- nen und Förderer der Gesellschaft können für besondere Verdienste zu Ehrenmitgliedern ernannt werden. Die Mitgliederversamm- lung wählt die Senatorinnen und Senatoren, entlastet den Vorstand und beschließt Satzungsänderungen. Der Wissenschaftlich-Technische Rat (WTR) ist ein internes Beratungsorgan. Zu ihm gehören die Institutsleitungen und pro Institut eine vom wissenschaftlichen und technischen Personal gewählte Vertretung. Der WTR berät den Vorstand und die übrigen Organe bei Fragen von grundsätzlicher Be deu- tung. Er spricht Empfehlungen bezüglich der Forschungs- und Perso nal politik aus, nimmt zu Institutsgründungen und -schließungen Stellung und wirkt bei der Berufung von Insti- tutsleitungen mit. Die Kuratorien sind externe Beratungsorgane der Institute. Sie umfassen Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft, Wirtschaft und öffentlichem Leben. Die etwa zwölf Mitglieder pro Institut werden vom Vorstand im Einver- nehmen mit der Instituts leitung berufen. Die Kuratorien beraten die Institutsleitung und den Vorstand in Fragen der fachlichen Ausrichtung und strukturellen Veränderung des Instituts. 142

Service I Mitglieder, Organe, Gremien Mitglieder, Organe, Gremien Mitglieder Die Fraunhofer-Gesellschaft zählt 1202 Mitglieder, die sich aus 221 ordentlichen Mitgliedern, 973 Mitgliedern von Amts wegen und 9 Ehrenmitgliedern zusammen- setzen. Einige Mitglieder haben mehrere Funktionen. Ehrenmitglieder Dr.-Ing. Peter Draheim Dr. Alfred Hauff Dr.-Ing. Horst Nasko Dr. Dirk-Meints Polter Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E. h. Dr. h. c. Ekkehard D. Schulz Dr. Markus Söder Prof. Dr. rer. nat. Erwin Sommer Prof. Klaus-Dieter Vöhringer Dr. rer. pol. Hans-Ulrich Wiese Senat Mitglieder aus Wissen- schaft, Wirtschaft und öffentlichem Leben Prof. Dr.-Ing. Heinz Jörg Fuhrmann Vorsitzender des Senats der Fraunhofer-Gesellschaft 144 Prof. Dr. phil. habil. Dr.-Ing. Birgit Spanner-Ulmer Stellvertretende Vorsitzende des Senats der Fraunhofer-Gesellschaft, Direktorin für Produktion und Technik des Bayerischen Rundfunks Oliver Zipse Stellvertretender Vorsitzender des Senats der Fraunhofer-Gesellschaft, Vorstandsvorsitzender der BMW AG Dr. Oliver Blume Mitglied des Vorstands der Volkswagen AG Vorstandsvorsitzender der Dr. Ing. h. c. F. Porsche AG Dr. Roland Busch Vorstandsvorsitzender der Siemens AG Anja-Isabel Dotzenrath Executive Vice President Gas and Low Carbon Energy und Mitglied des Vorstands der bp p.l.c. (ab 01.03.2022) Kerstin Grosse Geschäftsführerin der DEROSSI invest GmbH Sabine Herold Geschäftsführende Gesellschafterin von DELO Industrie Klebstoffe GmbH & Co. KGaA Reiner Hoffmann Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes DGB Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) Pär Malmhagen Chief Operation Officer von ABC Technologies Natalie Mekelburger Vorsitzende der Geschäftsführung der Coroplast Fritz Müller GmbH & Co. KG Bernard Meyer Geschäftsführer MEYER WERFT GmbH & Co. KG Tankred Schipanski Dr.-Ing. Katrin Sternberg Member of the Executive Board R&D & QRM der Aesculap AG Dr.-Ing. Karl Tragl Vorstandsvorsitzender und Chief Executive Officer der Wacker Neuson SE Grazia Vittadini Rolls-Royce Chief Technology and Strategy Officer Dr.-Ing. Anna-Katharina Wittenstein Mitglied des Vorstands der WITTENSTEIN SE Mitglieder aus dem staatlichen Bereich Vertreterinnen und Vertreter der Bundesebene MinDirig Dr. Ole Janssen Parlamentarischer Staatssekretär Dr. h. c. Thomas Sattelberger Bundesministerium für Bil- dung und Forschung (BMBF) (ab 9.3.2022) MinR Dr. Dirk Tielbürger Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) Vertreterinnen und Vertreter der Länder Staatssekretärin Dr. Sabine Johannsen Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur MinDirig Günther Leßnerkraus Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg Staatsrat Tim Cordßen-Ryglewski Bremer Senatorin für Wissenschaft und Häfen Mitglieder aus dem Wissenschaftlich- Technischen Rat (WTR) Prof. Dr.-Ing. Albert Heuberger Geschäftsführender Leiter des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen IIS

Service I Weitere Initiativen und Forschungsstrukturen Weitere Initiativen und Forschungsstrukturen Impact-Ziele erhalten Kunden Zugang zu branchenorientieren Leistungs- angeboten von Fraunhofer. Impact-Ziele sollen Fraunhofer zu einem geschärften Profil bei Politik, Industrie und Gesellschaft verhelfen. Sie adressieren gesellschaftliche und branchenübergreifende Herausforde- rungen und zeigen, in welchen Bereichen Fraunhofer durch interdisziplinäre Zusammenarbeit signifikante Lösungen beisteuern kann. bezahlbare Gesundheit vollendete Energiewende digitalisierte Wertschöpfung ganzheitliche Kreislaufwirtschaft Sicherheit und resiliente Gesellschaft Fraunhofer Strategische Forschungsfelder Die Fraunhofer Strategischen Forschungsfelder definieren die systemrelevanten und portfoliobildenden Forschungs- schwerpunkte der Fraunhofer-Gesellschaft. Unter Berück- sichtigung von Relevanz, Strategie und Priorität positioniert sich Fraunhofer mit folgenden Forschungsfeldern (s. dazu auch das Kapitel »Projekte und Ergebnisse«, S. 72 ff.): Bioökonomie Intelligente Medizin Künstliche Intelligenz Next Generation Computing Quantentechnologien Ressourceneffizienz und Klimatechnologien Wasserstofftechnologien Leitmarkt Anlagen-, Maschinen- und Fahrzeugbau (Fraunhofer-Allianz autoMOBILproduktion) Leitmarkt Bauwirtschaft (Fraunhofer-Allianz Bau) Leitmarkt Chemische Industrie (Fraunhofer-Allianz Chemi- sche Industrie) Leitmarkt Digitalwirtschaft (Fraunhofer-Allianz Big Data und Künstliche Intelligenz BIG DATA AI) Leitmarkt Energiewirtschaft (Fraunhofer-Allianz Energie, kooperierend mit den Allianzen Batterien und SysWasser) Leitmarkt Ernährungswirtschaft (Fraunhofer-Allianz Ernährungswirtschaft) Leitmarkt Gesundheitswirtschaft (Fraunhofer Gesundheit, kooperierend mit der Allianz Assisted Healthy Living) Leitmarkt Luft- und Raumfahrtwirtschaft (Fraunhofer-Allianz Aviation and Space) Leitmarkt Mobilitätswirtschaft (Fraunhofer-Allianz Verkehr) Fraunhofer-Verbünde Im Fraunhofer-Modell stehen Verbünde gleichsam für Orte der gemeinsamen Ressourcennutzung und des solidarischen Schulterschlusses. Mission der Verbünde ist es, ihre wissen- schaftliche Exzellenz in den jeweiligen Forschungsfeldern zu sichern und weiterzuentwickeln. Die Institute mit Zielrichtung Sicherheit von Mensch, Gesell- schaft und Staat koordinieren ihre Aktivitäten im Leistungs- bereich Verteidigung, Vorbeugung und Sicherheit VVS. Derzeit agieren kompetenzorientierte Verbünde in folgenden Feldern: Adressierung der Leitmärkte durch die Fraunhofer-Allianzen Analog zu Forschungsfeldern hat Fraunhofer strategische Kundensegmente – sogenannte Leitmärkte – definiert. Sie verfolgen das Ziel, durch Innovationen einen globalen Wett- bewerbsvorteil für Deutschland zu erzielen, die Technologie- souveränität Deutschlands und Europas zu sichern sowie nachhaltige Wertschöpfung für die Gesellschaft zu generie- ren. Über die strategischen Kundensegmente der Leitmärkte Energietechnologien und Klimaschutz Gesundheit Innovationsforschung IUK-Technologie Light & Surfaces Mikroelektronik Produktion Ressourcentechnologien und Bioökonomie Werkstoffe, Bauteile – Materials 146

Service I Weitere Initiativen und Forschungsstrukturen zivilgesellschaftlichen Akteuren zusammen, um Innovationen schnell in die Anwendung zu bringen. Leistungszentren stehen für exzellente, organisationsübergreifend nutzbare Infrastruk- tur, Ausbildungskonzepte und Know-how. Sie führen passende Partner zusammen und begleiten Ideen als Innovationslotsen bis in den Markt. Ab 2022 werden die Leistungszentren mit einem präzisier- ten Programmmanagement in ihrer Funktion als regionale Innovationsökosysteme weiterentwickelt. Die Schärfung des Konzepts soll ein dynamisches System fördern, das Transfer- leuchttürme belohnt und den direkten regionalen Impact von Forschung sichtbar macht (s. S. 57). Chemie- und Biosystemtechnik, Region Halle-Leipzig Digitale Vernetzung, Berlin Dynaflex – Technologien für die Energie- und Rohstoff- wende, Oberhausen Elektroniksysteme, Erlangen Funktionsintegration für die Mikro-/ Nanoelektronik, Dresden / Chemnitz GreenMat4H2 – GreenMaterials for Hydrogen, Hanau / Darmstadt Innovative Therapeutika, Frankfurt am Main Integration biologischer und physikalisch-chemischer Materialfunktionen, Potsdam-Golm Intelligente Signalanalyse- und Assistenzsysteme – InSignA, Ilmenau Logistik und IT, Dortmund Mass Personalization, Stuttgart Medizin- und Pharmatechnologie, Hannover / Braunschweig / Lübeck Mobilitätssysteme, Karlsruhe Nachhaltigkeit, Freiburg Photonik, Jena Sensor-Intelligenz, Saarland Sichere Intelligente Systeme, München Simulations- und Software-basierte Innovation, Kaiserslautern Smart Production and Materials, Chemnitz / Dresden Sustainable Subsea Solutions, Rostock / Lübeck Vernetzte Adaptive Produktion, Aachen Leistungszentren mit internationaler Beteiligung Additive Technologien für Medizin und Gesundheit, Wrocław, Polen Systemforschung und Transfer für die Automobil- zuliefererindustrie, Liberec, Tschechische Republik 148 Kooperationen Fraunhofer-Einrichtung Forschungsfertigung Batteriezelle FFB Ziel der Fraunhofer-Einrichtung Forschungsfertigung Batterie- zelle FFB ist es, den Innovations- und Kommerzialisierungs- prozess von Produktionstechnologien für bestehende und zukünftige Batteriezellformate zu beschleunigen. Damit sollen Batterietechnologien effizienter, günstiger und in höchster Qualität produziert und so internationale Abhängigkeiten von anderen Märkten der Energiespeichertechnologien langfristig vermieden werden. Im Vordergrund steht der Erfahrungsgewinn im Betrieb einer großskaligen Forschungsfertigung, um auf diesem Gebiet Kompetenzen auszubauen und Lücken zu schließen. Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland (FMD) Als größter standortübergreifender FuE-Zusammenschluss für die Mikro- und Nanoelektronik in Europa bietet die Forschungsfabrik Mikroelektronik (FMD) eine einzigartige Kompetenz- und Infrastrukturvielfalt. Die FMD schlägt dabei die Brücke von der Grundlagenforschung bis zur kunden- spezifischen Produktentwicklung. Die FMD versteht sich als internationaler Innovationstreiber: Als »One Stop Shop« bietet sie gerade den KMU und Start-ups einen umfassenderen und einfacheren Zugang zu Hochtech- nologien sowie Zugriff auf Anlagen- und Technologiepools für die Erprobung neuer Produkte. Dabei kooperieren elf Fraunhofer-Institute des Verbunds Mikroelektronik mit den beiden Leibniz-Instituten Ferdinand- Braun-Institut, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik (FBH) sowie Leibniz-Institut für innovative Mikroelektronik (IHP). Lernlabor Cybersicherheit Im Weiterbildungsprogramm Lernlabor Cybersicherheit haben sich sieben Fraunhofer-Institute und ausgewählte Fachhoch- schulen in ganz Deutschland zusammengeschlossen. In hoch- wertig ausgestatteten Laboren mit realen Arbeitsumgebungen können Teilnehmende der Weiterbildungen die Auswirkungen von Hackerangriffen hautnah erleben, beispielsweise auf die Schaltzentrale eines Kraftwerks oder eines Produktionsfließ- bands in der industriellen Produktion. Max Planck School of Photonics Das Bundesministerium für Forschung und Bildung fördert die Max Planck Schools als neue Marke der Graduiertenausbildung. Die Max Planck School wird federführend vom Fraunhofer- Institut für Optik und Feinmechanik IOF in Jena geleitet. Kooperationspartner sind die Fraunhofer-Institute für Ange- wandte Optik und Feinmechanik IOF (federführend), für

Service I Fraunhofer Deutschland 150

Service I Fraunhofer International 152

Forschungsfelder und Kontaktadressen aller Fraunhofer- Institute und Fraunhofer-Verbünde sind in englischer und deutscher Sprache über das Internet abrufbar: www.fraunhofer.de You can call up the addresses, focal fields of research, and contacts for all Fraunhofer Institutes and Groups in English or German on the Internet: www.fraunhofer.de Anschrift der Redaktion Fraunhofer-Gesellschaft Hansastraße 27 c 80686 München Josef Oskar Seitz Wissenschaftskommunikation Corporate Media Telefon +49 89 1205-1310 josef.seitz@zv.fraunhofer.de Bei Abdruck ist die Einwilligung der Redaktion erforderlich. © Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e. V., München 2022 Service I Impressum Impressum Redaktion Josef Oskar Seitz (verantw.) Tanja Schmutzer (Ltg.) Eva Bachmann Mandy Bartel Thomas Röll Christoph Schneider Produktion und Layout Silke Schneider Satz SCS Grafikdesign, Christin Schneider Druck Aumüller Druck GmbH Bildquelle Titel: Noam Cohen / EyeEm / AdobeStock ID-Nr. 22116374 154