Das Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung IGD in Darmstadt hat eine Simulationssoftware entwickelt, die die Machbarkeit von individuellen Designwünschen rasch prüft. Das bietet Kunden und Herstellern neue Möglichkeiten für die individualisierte Massenfertigung. Christian Altenhofen aus der Abteilung »Interaktive Engineering Technologien« am Fraunhofer IGD beschreibt den Mehrwert wie folgt: »Wir schaffen einen fließenden Übergang zwischen Design und Simulation. Schnell zu prüfen, ob sich ein individueller Entwurf umsetzen lässt, ist heute in der Industrie ein oft ungelöstes Problem. Die meisten CAD-Daten beschreiben lediglich die äußere Oberfläche und enthalten nicht die für Simulationen notwendigen volumetrischen Informationen. Diese nachträglich zu generieren ist sehr fehleranfällig, erfordert meist manuelle Nacharbeit und kostet die Industrie viel Geld.« Die Software der Fraunhofer-Forscher aus Hessen versetzt Kunden und Hersteller in die Lage, die zur Materialprüfung notwendige Simulation automatisch selbst zu erzeugen. Dadurch wird schnell geklärt, ob sich Designvorschläge, die am Rechner erstellt wurden, auch in der Realität umsetzen lassen. Ist dies nicht der Fall, schlägt die Technologie vor, wie das Produkt stabiler bzw. besser gestaltet werden kann. »Der Kunde hat dadurch weiterhin sehr viel Spielraum zum individuellen Design«, sagt Altenhofen.
Die innere Struktur eines Objekts simulieren
Die Algorithmen der Software nutzen das mathematische Konzept der »Subdivisionsvolumen«. Darauf aufbauend ermitteln die Forscher mit Hilfe der Finite-Elemente-Methode physikalisch basierte Simulationsmodelle. Konkret bedeutet das: Sie berechnen aus Krafteinflüssen, wie z. B. Schwerkraft und Gewicht des Gegenstands, dessen innere Spannung. Je nach Größe und Verteilung der Spannung lässt sich beurteilen, ob ein Gegenstand statisch hält oder nicht. »Mit Subdivisionsvolumen entsteht ein konsistentes virtuelles Model der inneren Struktur des Gegenstands«, beschreibt der Fraunhofer-Experte die Technik. Damit geht das Verfahren über die reinen CAD-Informationen hinaus: Diese beschreiben lediglich Oberflächen von dreidimensionalen Objekten, lassen aber keine Rückschlüsse auf deren Inneres zu. »Die volumetrischen Informationen werden bei unserem Ansatz mit den Oberflächeninformationen direkt mitgeführt, die für das Erstellen des Designs wichtig sind. Das heißt, bereits in der Designphase stehen Kunden und Herstellern die notwendigen Informationen für die Simulation zur Verfügung«, erklärt Altenhofen.
Für die Hannover Messe 2017 haben die Forscher einen Prototyp ihrer Simulations-lösung entwickelt, der die Idee für mögliche Anwendungen bzw. mögliche zukünftige Entwicklungen transportiert: Sie fertigen individuelle Halter für Espressotassen aus Kunststoff. Über eine interaktive Benutzungsoberfläche kann der Standbesucher seinen eigenen Halter entwerfen. Falls die Idee statisch nicht umsetzbar ist bzw. den späteren physikalischen Belastungen nichtstand hält, erhält er über ein interaktives Menü Anweisungen, welche Parameter er verändern kann, um das zu verhindern. »Die additive Fertigung ist ein sehr anschauliches Beispiel, wie sich unsere Technologie anwenden lässt. Im Prinzip ist unser Ansatz jedoch für viele verschiedene Fertigungsverfahren und unterschiedliche Werkstoffe anwendbar«, sagt Altenhofen.